Hm. Ich habe Redebedarf! Nachdem ich mir endlich die Blu-Ray zugelegt habe, konnte
ich Episode VII nun erneut schauen und muss daraufhin noch ein paar Dinge loswerden.
Mir hat der Film immer noch gefallen. Aber leider nicht mehr ganz so gut wie
vor zwei Jahren. Natürlich war ich da auch vollkommen in den Sitz gefesselt und
konnte keinen klaren Gedanken fassen. Mein erster Star Wars im Kino, mit dieser
Bildgewalt, diesem Sound, dieser Energie. Das ist natürlich ein anderes
Erlebnis als zuhause auf dem Fernseher. Jetzt, beim zweiten Durchgang, sind mir
vor allem einige Lücken Geschichte nun doch mehr ins Auge gesprungen als mir
lieb sein kann. Mich stört gar nicht mal so sehr, dass der Handlungsverlauf dem
von A New Hope ähnelt. Auch wenn Starkiller Base der Inbegriff vom "größer,
schneller, weiter"-Prinzip ist. Die Szene mit dem Größenvergleich zwischen
dem Death Star und der neuen Superwaffe ist mir da als besonders plump in
Erinnerung geblieben. Allerdings kann ich auch nachvollziehen, dass The Force
Awakens keine allzu komplexe Geschichte erzählen kann, wenn der Fokus vielmehr
auf der Einführung so vieler neuer Charaktere liegt. Man könnte tatsächlich
sagen, der ähnliche Verlauf von Episode IV und VII (und I) ist im Kontext der
Star Wars-Saga sogar zwingend notwendig, denn die Episoden waren und werden hoffentlich
immer die Heldenreise von Skywalker sein – ob nun Vater, Sohn oder Tochter
(zumindest gehe ich stark davon aus, dass Rey die Tochter von Luke ist, es muss
so sein – ich habe Episode VIII noch nicht gesehen).
Am meisten stört mich tatsächlich, dass der Film so viel suspension of
disbelief von mir fordert. Warum fliegen höchstens eine handvoll X-Wings in den
eigentlich sicheren Tod auf Starkiller Base, nur um dann auf einmal überrascht
zu merken, dass sie den Generator gar nicht zerstören können? Leia muss ein
ziemlich mieser General sein, wenn sie ihre Soldaten so vor die Flinte wirft;
das passt überhaupt nicht zur bisherigen und sonstigen Charakterisierung von
Leia und der ganzen Rebellen-/Widerstandsorganisation. Warum verrät Captain
Phasma ihre eigene Sache quasi ohne Gegenwehr und landet am Ende doch im
Mülleimer? Klar, Star Wars ist selbstverständlich schon immer ein Märchen
gewesen, in dem behaarte, affenartige Wesen eine Waffe bedienen können, in der
Lage sind sich zu artikulieren, eine ganze Zivilsation bilden und sich selbst
Wookies nennen - will sagen: natürlich ist das alles Unfug. Trotzdem fiel mir
dies in keiner anderen Star Wars-Episode so negativ auf. Sicherlich ist es
unnötig, sich diese Fragen zu stellen, man sollte den Film einfach genießen. Episode
VII macht es mir an manchen Stellen aber unnötig schwer, da viele dieser Szenen
einfach zu umschiffen gewesen wären. Einige wurden sogar gedreht – sind dann
aber in den Deleted Scenes gelandet. (Beispiel: Kylo Ren und die Snowtrooper
finden den Falken auf Starkiller Base, dadurch weiß Kylo, dass Han Solo vor Ort
sein muss.)
Außerdem muss ich mich darüber ärgern, dass es heutzutage nicht mehr möglich
scheint, eine in sich logische, kohärente Schlacht zu inszenieren. Ja, ich bin
mir durchaus bewusst, dass dieser Punkt sehr nit-picky ist. Aber für mich waren
die Massenschlachten immer eine der größten Faszinationen, egal ob in Star Wars
oder zum Beispiel in Herr der Ringe. Schauen wir uns mal den Kampf um die Bar
von Maz Kanata an. Die einzelnen Szenen wirken auf mich vollkommen zusammenhanglos.
Es fällt mir schwer, dem Geschehen zu folgen. Ich habe keinen Überblick, weil
Establishing Shots und die Totalen fehlen. Der Film kann an dieser Stelle gar
keine zeigen, weil eben nichts im Verlauf der Schlacht einen Sinn ergibt: Es
gibt keine Frontlinien, keine Taktik. Ich weiß nicht mal, was überhaupt das Ziel
der Stormtrooper ist. Stattdessen passieren Dinge einfach. Nicht, weil sie sich
dynamisch in der "Geschichte" der Schlacht ergeben, sondern weil sie
vom Drehbuch halt so vorgesehen sind. Es gibt unzählige Wendungen, aber viel zu
viele, als dass die einzelne noch eine Wirkung entfalten würde. Heroische
Momente der Protagonisten (wie etwa Han Solos Armbrusterfahrungen) werden
sinnlos mit beliebigen Schlachtszenen zusammengemischt. Es ist einfach ein
riesiges Chaos. Klar, das kann bei Schlachtszenen gewollt sein. Aber hier macht
es einfach keinen Spaß. Denn ich habe das Gefühl, die Regisseure und
Drehbuchautoren wissen selber nicht, wie die Schlacht verläuft. Alles dreht
sich nur um die einzelne Szene, einen großen Plan scheint es nicht zu geben.
Dabei hat die Vergangenheit doch gezeigt, dass es möglich ist. In der Schlacht
um Hoth gibt es klare Ziele, eindeutige Fronten, einen logischen
Schlachtverlauf. Die Rebellen sind von Anfang an unterlegen, kämpfen trotzdem
einen verzweifelten, aufopferungsvollen Kampf gegen die übermächtigen Walker. Große
Dramatik, als der Schildgenerator zerstört wird. Dann: Chaos. Die Rebellen
müssen ihre Stellungen aufgeben, fliehen. Alles geht drunter und drüber. Trotzdem
habe ich immer ein Gefühl. Für den Schlachtenverlauf, für die Situation und Position
meiner Helden. Leider ist Episode VII in dieser Hinsicht nicht das einzige
Negativbeispiel. Die Schlacht am Ende von Rogue One ist sogar eine Ebene
schlimmer. Noch dazu hat sie einen größeren Stellenwert und mir fast im
Alleingang die zweite Hälfte des Films versaut (wobei Rogue One bei mir zu dem
Zeitpunkt sowieso schon unten durch war, nachdem mir die Charaktere die erste
Hälfte versaut haben…). Mir scheint, dass diese Tugend heute generell verloren
gegangen ist. Auch die Schlachten in der Hobbit-Trilogie sind komplett
konzeptlos. Dabei hat doch gerade Peter Jackson mit Helms Klamm die meiner
Ansicht nach beste Massenschlacht aller Zeiten inszeniert.
Nun aber zurück zu The Force Awakens. Im Gegensatz zu Rogue One und den
Hobbit-Filmen hat mir Episode VII nämlich trotzdem gut gefallen. Denn die
größte Stärke des Films sind die neuen Charaktere. Ich finde beinahe alle
großartig, besonders Rey und Kylo. Da der Film dankenswerterweise so viel Zeit
mit ihnen verbringt, kann ich über meine Kritikpunkte leichter hinwegsehen. Rey
ist eine neue Heldin, wie ich mir sie besser nicht hätte wünschen können. Kylo
Ren ist ein extrem spannender Gegenspieler. Wichtig ist für meinen positiven
Eindruck auch, dass der Film so viel Wert auf echte Kostüme und Sets setzt. Das
habe ich beim allerersten Mal sofort bemerkt, man spürt es einfach. Es war sogar
viel mehr real als ich dachte, wie ich beim Studieren der Making-Ofs erfahren
habe. So oft wie gesagt wurde, "Masken sind viel besser als CGI",
musste ich mich schon fragen, ob das nicht ein gewollter Seitenhieb gegen
George Lucas und die Prequels war.
Und meine Güte, ist der finale Kampf zwischen Rey und Ren ein klimatischer Moment.
Eigentlich könnte die Konfrontation zwischen diesen beiden großartigen
Charakteren den ganzen Film alleine tragen. Zwei mächtige, noch unerfahrene,
jedoch unfassbar leidenschaftliche junge Krieger in einem großen Duell. Die
Lichtschwertkämpfe waren schon immer eine der großen Faszinationen von Star
Wars - sowohl die Rohheit, die Brutalität der Originaltrilogie als auch die
Eleganz, das Durchchoreographierte der Prequels. Beide Arten haben ihren Reiz,
und der Kampf in Episode VII vereint das beste von beiden.
So. Ich habe nun emotional mit The Force Awakens abgeschlossen und bin
sowasvon bereit für The Last Jedi. Wie immer trittsicher zwei Monate hinter dem
Trend.