Als würde man ein frisch gebackenes Schokobrötchen essen wo manche der vermeindlichen Schokoladenkleckse plötzlich Rosinen sind...
Ich möchte nur kurz anmerken, dass ich diese Metapher absolut hervorragend finde. =D
Um die auch direkt dreist zu klauen: So eine Rosine im Schokomantel gibt es auch bei Yooka-Laylee and the Impossible Lair.
Dessen 3D Vorgänger Yooka-Laylee kam nur durchschnittlich an, weswegen sich für das Sequel YLIL wieder auf 2D zurück besinnt wurde, mit dem ein oder anderem besonderen Kniff.
Bösewicht Capital B will das Bienenkönigreich unterjochen und klaut der Königin all ihre Wächterbienen. So weit die grobe Story. YLIL ist tatsächlich meine erste Berührung mit dem Franchise, und auch den Vorgänger habe ich nicht gespielt. Was stellenweise etwas stören kann, da wirklich ständig Verweise auf das erste Spiel gemacht werden, die natürlich bei mir gar nicht zünden. Aber Story ist traditionell bei Jump'n'Runs ja ohnehin eher zweitranging.
Das Besondere an YLIL ist seine Struktur, denn im Prinzip sind 99% des Spiels optional.
Während des Tutorials, das zugleich als Intro fungiert und nicht übersprungen werden kann (man kann währenddessen nicht mal das Spiel an sich beenden, ohne auf Alt+F4 zurückzugreifen), ist man zunächst unverwundbar, bis zum Bossfight mit Capital B, der das Ende des Tutorials einleitet. Ab hier kassiert man Treffer und kann recht schnell tot sein. Besiegt man ihn zunächst, geht es nahtlos weiter durch das namensgebende Impossible Lair, das wortwörtlich darauf ausgelegt ist, schier unmöglich zu sein. So bald man stirbt, wirft es einen auf die Oberwelt, wo der eigentliche Löwenanteil des Spiels auf einen wartet.
Um eine bessere Chance im IL zu haben, gilt es, die entführten Bienen der Königin zu befreien, die dann im finalen Level als Schutzschild fungieren. Also schlicht Hitpoints darstellen. Besagte Bienen erhält man am Ende eines jeden Levels, die über die Oberwelt verstreut sind.
Sowohl auf das IL als auch die Oberwelt komme ich später nochmal genauer zu sprechen.
Schauen wir uns zunächst erstmal die Level an. Tatsächlich haben die mich, optisch wie spielerisch, etwas an Giana Sisters: Twisted Dreams denken lassen.
In klassischer Seitenansicht in 2D geht es von links nach rechts. Dabei suggeriert die Optik teils Tiefe in Richtung 2.5D, es bleibt aber alles auf einer Ebene. Zwar gibt es immer wieder Verstecke und kleine Abzweigungen, grundsätzlich ist die Levelstruktur aber angenehm klar und linear.
Die Welt ist super hübsch, kunterbunt, voller Effekte und sehr detailverliebt. Sowohl Yooka und Laylee sind sehr umfangreich und liebevoll animiert, als auch die verschiedenen Gegner. Trägt Yooka ein Item im Maul herum, klingen sogar die Laute, die er von sich gibt, dumpfer. Man kann quasi richtig hören, dass er gerade den Mund voll hat.
Grundsätzlich reagiert die Steuerung sehr zackig und gut, allerdings mit Abzügen im Detail.
Läuft man "normal", kam mir Yooka teils etwas langsam und träge vor. Viel mehr will man die ganze Zeit rollen, was einen nicht nur schneller macht, sondern auch Kisten zerstört und Gegner zerdeppert. Alternativ gibt es natürlich noch den klassischen Sprung auf den Kopf, und mit dem Schwanz kann Yooka ebenfalls einen Hieb ausführen.
Obendrein gibt es zwei Aktionen, die nur möglich sind, wenn man Laylee bei sich hat. Dann kann in der Luft ein kurzer Twirl ausgeführt werden, der ein wenig wie ein schwacher Doppelsprung wirkt. Das zweite ist eine Stampfattacke, die als zusätzliche Attacke fungiert, primär aber benutzt wird, um durch Falltüren im Boden zu brechen.
Bei einem gegnerischen Treffer fliegt Laylee aufgeregt umher, und man hat eine gewisse Zeit, sie wieder einzusammeln, bevor sie endgültig davon fliegt. Ohne Begleitung bedeutet der nächste Treffer den sofortigen Tod. (Das Prinzip erinnert an Baby Mario in Yoshi's Island.) Im Level verteilt gibt es Glocken, die Layle wieder herbeirufen. Stirbt man, respawnt man mit ihr zusammen am letzten Checkpoint. Eine sonstige Begrenzung über Leben gibt es nicht.
Das Problem hier ist, dass man eigentlich die meiste Zeit mit ihr unterwegs ist, und gerade der Twirl extrem existenziell ist. Ohne die zusätzlichen Aktionen gehen einem nicht nur Geheimverstecke durch die Lappen, die man dann nicht erreichen kann, das Level insgesamt wird sofort eine Spur schwerer. Oben drauf kann es sehr schnell die Muscle Memory durcheinander bringen, wenn man automatisch wie immer den Twirl machen will - aber ja gerade Laylee verloren hat.
Die Laylee-Glocke ist gar nicht mal so selten und vor allem immer taktisch klug in den Leveln platziert, so als ob auch die Entwickler anerkennen, wie wichtig ihre Rolle für das Leveldesign ist. Da verwundert es mich ein Stück weit, dass sie dieses Konzept überhaupt so durchgezogen haben, sie verlieren zu können, und ob man da nicht eine elegantere Lösung hätte machen können.
Eine andere Schwachstelle der Steuerung ist die starke Verwendung von Momentum. Ob man läuft, rollt, gerade von einem Seil abspringt - bei allen Aktionen nimmt man Schwung mit, der Sprünge und Flüge sehr unterschiedlich beeinflussen kann, was es mitunter schwierig macht, seine eigenen Möglichkeiten einzuschätzen. Manche Sprünge, vor allem für Extras, müssen obendrein extrem präzise und perfekt ausgeführt werden.
Mit zu viel Schwung fliegt man gerne mal über eine Platform hinweg, hat aber nicht genug, um die nächste zu erreichen, und so landet man schnell im Abgrund.
So entstehen immer wieder sehr rasante Passagen. Das Spiel ermutigt auch aktiv dazu, rollend den Boden entlang zu rasen und alles wegzubashen, was da im Weg liegt. Gleichzeitig stellt es einem bewusst Fallen, primär auf Extras bezogen. Oft braucht man Kisten oder Gegner, um sie als Sprungbrett zu höher gelegenen Ecken zu nutzen. Rasch passiert es einem, dass man durch alles durch rast und zu spät erkennt, dass man sich gerade alles kaputt gemacht hat. Nicht selten werden Gegner extra so platziert, einen zu einer Rolle zu verführen, was einen in prekäre Situationen bringen kann.
Die Rolle ausführen und mit dem Schwanz schlagen liegt übrigens auf dem selben Button. Das eine macht Yooka nur, wenn er still steht, das andere in Bewegung. Und ich sag's mal so: Jedes Mal 1€ dafür, wenn ich das eine machen wollte, aber das Spiel es als das andere erkannt hat, ich hätte einen ordentlichen Sack Kleingeld hier stehen.
All diese Kleinigkeiten sorgen dafür, dass ich nicht immer das Gefühl der 100% Kontrolle hatte und am Anfang auch einige Eingewöhnungszeit brauchte.
Als Währung gibt es Federn zum einsammeln, und das typische Sammelobjekt darf auch nicht fehlen: In jedem Level sind 5 Münzen versteckt. Dabei entwickelt man sehr schnell ein Gefühl für mögliche Verstecke. Am Ende wird gespeichert, welche man gefunden hat. Man muss also nicht alle in einem Rutsch einsammeln, sondern kann sich beim nächsten Durchlauf auf die konzentrieren, die einem noch fehlen.
Jedes Level hat eine zweite Variante, die man freischalten kann. Und diese unterscheidet sich durchaus deutlich von der vorherigen, so dass es sich auch wirklich wie ein neues Level anfühlt und nicht zu sehr wie das gleiche in Grün. In der Regel ist diese B-Seite auch einen Hauch schwerer, als das Original.
In manchen Fällen lauert hier aber auch Potential für Verwirrung. Öfter mal kann man Platformen und Gänge erahnen, hinter denen man ein Extra vermutet und sucht sich dumm und dusselig, wie man da hin kommen soll und überhaupt. Um später festzustellen, dass es sich dabei um Dinge handelt, die mit der anderen Level-Variante zusammen hängen.
Ähnliche Unsicherheiten kann es bei Items geben, die man manchmal bekommt. Diese können als Geschoss benutzt werden, Gegner abzuwerfen, aber auch wichtig sein, ein Hindernis zu zerstören, um eine Münze einzusammeln. An vielen Ecken stellt sich somit die Frage: Was ist das hier, welchen Zweck hat es, brauch ich das für ein Geheimnis oder kann das weg? Ich habe gar nicht mal so unselten sinnlos etwas mit mir durch diverse Meter Level getragen.
Der Schwierigkeitsgrad ist von Beginn an durchaus fordernt aber angenehm, und Checkpoints sind immer zahlreich gesetzt. Ab ca. der Hälfte aller Level wird es nochmal einen Ticken knackiger und die Kapitel etwas länger. Neben sonstigen Schwierigkeitsspitzen in den Leveln wird es vor allem dann haarig, wenn man darauf abzielt, Federn und Münzen zu sammeln, die natürlich oft an extra fiesen Stellen platziert sind.
Bossfights gibt es im übrigen keine.
Manche Gegner fliegen besiegt auf den Bildschirm zu und hinterlassen eine dicke Rauchwolke. Gerade in schnellen Passagen kann das sehr ablenkend sein und zu viel verdecken. Und obwohl das Spiel auf hohes Tempo ausgelegt ist, kann es Stellen geben, wo die Kamera einen Hauch zu lang braucht, hinterher zu kommen.
Den Großteil der Extras habe ich gut gefunden, aber andere hätte ich ohne Guide nie im Leben entdeckt. Manches ist so absurd gemacht, da wäre ich nie drauf gekommen. Andere erfordern so präzise Aktionen, wenn man nicht genau weiß, dass es so gedacht ist, man würde irgendwann abbrechen in dem Gedanken, man solle da gar nicht hinkommen.
to be continued...