Logan
(die Kritik ist weitgehend spoilerfrei)
Die Geschichte setzt im Jahr 2029 an und spielt damit nur wenige Jahre nach den Ereignissen von "X-Men: Zukunft ist Vergangenheit". An dieser Stelle sei jedoch gesagt, dass die Zeitlinie von X-Men aufgrund von Zeitreisen in den letzten Filmen sehr konfus geworden ist und man daher kaum gescheit einordnen kann, welche Ereignisse tatsächlich passiert sind und welche nicht. Das alles ist bei Logan jedoch kein großes Problem, denn hier genügt es schon vollkommen, die ursprüngliche X-Men-Trilogie gesehen zu haben. Der Film lässt sich auch ohne Vorwissen einigermaßen gut ansehen, doch dann braucht man sich nicht wundern, weshalb keine emotionale Bindung entstehen mag und wenn man die Beziehungen der Charaktere untereinander nicht so richtig nachvollziehen kann. Ein wenig Vorwissen ist daher sehr empfehlenswert.
Logan (Hugh Jackman) ist nun also ein gealterter und versehrter Mann, dessen Alltag nur noch daraus besteht, sich als Chauffeur einer Limousine etwas Geld zu verdienen, um halbwegs über die Runden zu kommen und um sich Medikamente für einen alten Freund leisten zu können. Die Welt verändert sich währenddessen rapide in eine Richtung, die man als dystopisch bezeichnen kann. Menschen werden durch genveränderte Nahrung manipuliert und zwielichtige Organisationen experimentieren ohne Skrupel an Lebewesen, die sie hinterher für ihre Zwecke missbrauchen. Logan steht all dem aber gleichgültig gegenüber und fragt sich, inwiefern er für die Welt noch relevant ist. Eines Tages taucht plötzlich ein Mädchen namens Laura Kinney (Dafne Keen) auf, durch welches Logan unfreiwillig in einen erneuten Kampf gezogen wird.
Die Geschichte ist recht schnell zusammengefasst und alles andere als umfangreich, aber hier sei gesagt, dass der Film sich ganz klar auf die drei Charaktere fokussiert und sie ihre Existenz immer wieder hinterfragen lässt. Damit bleibt der Film die ganze Zeit auf einer erwachsenen und beinahe philosophischen Ebene, wobei das Hauptaugenmerk natürlich stets auf Logan liegt.
Logan ist eine sehr gelungene Comic-Adaption, die - nicht nur mit seiner Altersfreigabe - eindeutig für ein erwachseneres Publikum bestimmt ist. Der Film kommt sehr düster, beinahe depressiv, daher und bietet richtig brutale Kampfszenen. So hat man Logan noch nie kämpfen gesehen, sich es aber schon immer gewünscht. Wenn Hugh Jackman seine Krallen ausfährt, wird er zur wilden Bestie, die beim Feind kein Mitleid kennt. Aber nicht nur er schnetzelt sich durch Gegnerhorden, sondern auch noch ein anderer Charakter, der mich dabei ebenfalls sehr überrascht hat. Ja, die Kämpfe sind höchst brutal und man kann über eine FSK 16 durchaus streiten, allerdings sehen die Kämpfe dermaßen gut aus und sind so super inszeniert, dass man sich nur freuen kann, endlich einen blutigeren Wolverine bekommen zu haben. Weiterhin setzt der Film auf entsättigte Farben und einen allgemein dreckigen Look. Noch nie hat man Hugh Jackman dermaßen zerstört und abgeranzt gesehen wie hier. Damit ist Logan das komplette Gegenteil von einem "Guardians of the Galaxy" oder einem typischen Marvel-Superheldenfilm. Zudem darf man Logan nicht wirklich mit "Deadpool" vergleichen, da Logan nicht nur wesentlich brutaler, sondern als Drama auch gänzlich ohne Klamauk daherkommt.
Wenn ich diesen Film also für etwas loben möchte, dass sind es die großartigen Kampfszenen, die absolut fantastische schauspielerische Leistung Hugh Jackmans (das Mädchen fand ich übrigens ebenfalls überraschend gut) und die tolle Atmosphäre, die irgendwo zwischen Roadtrip, Familiengefühl und Ausweglosigkeit schwankt.
Kritikpunkte gibt es leider trotzdem. Weil sich der Film in der Mitte ein wenig zieht und am Ende zu abrupt aufhört, fand ich das Pacing nicht so gelungen. Vor allem am Ende hätte ich mir zusätzliche 5 oder 10 Minuten gewünscht, um das Ganze sacken zu lassen. Ich schreibe es auch dem Pacing zu, dass ich am Ende emotional leider nicht ganz so mitgenommen war wie es durchaus möglich gewesen wäre. Des Weiteren muss ich die Schablonen-Bösewichte ebenfalls als Kritikpunkt mit in den Raum werfen. Da hätte man sich wirklich etwas Kreativeres einfallen lassen können als zum Standard-Duo böser Wissenschaftlicher und Haudrauftyp zu greifen.
Logan ist bei weitem nicht perfekt, aber es ist ein guter Film und eine starke Interpretation einer beliebten Comicfigur. Hugh Jackman brilliert den ganzen Film über und auch die beiden anderen Charaktere haben einprägsame und starke Momente. Wer also schon immer mal einen heruntergekommenen, brutalen und düsteren Wolverine sehen wollte und schon bei Deadpool die blutigere Ausrichtung mochte, der sollte sich diesen Film auf jeden Fall ansehen. Aber auch so kann ich eine Empfehlung aussprechen, denn der Film punktet ebenfalls durch eine tolle Atmosphäre und durch klasse inszenierte Action-Szenen. Das ist eine Art Superheldenfilm, die wir bei all dem bunten Angebot an Marvel-Konfetti-Krachern nicht all zu oft bekommen und Logan nimmt sich jede Minute, um zu zeigen, dass das absolut schade ist.