Wo soll ich anfangen? Zu Beginn einmal kurz das Gute. Ich fand den Anfang tatsächlich recht gut. Dass da plötzlich ein Clown im Haus von Mycroft ist passt finde ich eigentlich, denn es geht in dieser Szene schließlich nur darum Mycroft zu schrecken. Daher passen klassische Horror Klischees auch in die Szene. Dann kommt aber auch schon das Erste, das mich stört.
1.) Wieso hat Sherlock jetzt plötzlich eine noch viel intelligentere Schwester? Es tut mir leid das zu sagen, aber Sherlock ist die eine Detektiv Serie in der es schlecht rüber kommt wenn der Antagonist noch cleverer ist als der Detektiv. Bei Moriarty war die ziemliche Ausgeglichenheit der Beiden in Ordnung, denn Moriarty soll ja auch der große Gegenspieler von Sherlock sein und trotzdem hat Sherlock seinen Gegenspieler irgendwie ja doch noch besiegt, schließlich hat er überlebt. Bei Magnussen war das ganze schon kritischer. Der Twist, dass Magnussen Sherlock überlegen war, war aber so überraschend, dass ich der Serie dafür nicht bösen sein konnte. Aber jetzt schon wieder? Nur um das klar zu stellen, von den 3 Hauptbösewichten der Serie hat Sherlock nur einen besiegt, nämlich Moriarty. Noch dazu wird in dieser Situation nicht einmal mehr probiert es so wirken zu lassen als könnte Sherlock seine Schwester besiegen. Das entkräftet für mich aber irgendwie das Phänomen Sherlock Holmes. Es ist wie eine Superkraft die an Bedeutung verliert weil sie plötzlich jeder in der Serie besitzt. Deswegen schaue ich mir Sherlock nicht an. Da ist mir der "Aber es zeigt, dass er nicht unantastbar ist" Effekt komplett egal, denn dafür hätte ein einziger ihm überlegener Antagonist gereicht. Ein Zweiter (bzw. Dritter wenn man Moriarty mitrechnet) sorgt nur dafür, dass es weniger genial gelöste Fälle gibt und das ist nachwievor der Grund wieso ich diese Serie hauptsächlich schaue.
2.) Nächstes Problem, Eurus ist komplett over the top. Sherlock war schon immer ein Charakter, bei dem damit gespielt wurde, dass er sich irgendwo an der Grenze zwischen unrealistisch intelligent und gerade noch nachvollziehbar intelligent bewegt hat. Ja, einige Gedankenschlüsse von ihm waren weit hergeholt, aber sie waren trotzdem immer irgendwie erklärt. Eurus ist aber einfach nur noch allwissend. Sie kann durch Twitterposts Terroranschläge vorhersagen, durch kurze Gespräche ihre Gesprächspartner komplett umprogrammieren und kann Ereignisse über 5 Jahre hinweg exakt vorhersehen. An der Stelle ist Sherlock keine geniale Serie mehr, sondern eine die probiert mit irgendwelchen Mitteln beeindruckend zu wirken und dabei komplett vergessen hat, was die Serie eigentlich beeindruckend macht.
3.) Das Serienfinale passt nicht zum Rest der Serie. Kaum ein Thema, das in dieser Folge wichtig war kam in einer anderen Folge schon einmal vor. Bei diesem Finale hat man nicht das Gefühl, dass sich am Ende der Serie ein großes Bild bildet, sondern das einfach noch eine extra Episode gedreht wurde. Der Redbeard Twist war etwas, das sich überhaupt nicht angedeutet hat, prinzipiell ist die gesamte dramatische Familiengeschichte, die bisher fast nie wichtig war, überhaupt kein gutes Thema für den großen Abschluss. Moriarty der das große Mysterium vor dieser Staffel war hat so gut wie keine Rolle gespielt und war somit am Ende der dritten Staffel nur ein Cliffhanger des Cliffhangers wegen und auch andere eigentlich wahnsinnig wichtige Aspekte, der Serie wurden einfach ignoriert. John wurde vor dieser Staffel zum Vater, nach der ersten Folge auch noch zum alleinerziehenden, und anstatt das in der Serie aufzugreifen wird es komplett ignoriert. Das aller Schlimmste, bleibt allerdings die Rolle von Moriarty in dieser Folge. Versteht mich nicht falsch, sein Auftritt war vermutlich das Beste, das diese Folge zu bieten hatte, aber man hat sich gleichzeitig die gesamte Story der ersten zwei Staffeln verhaut. Erstens wird in dieser Folge so getan als wäre er ein berühmter Gangster den Mycroft sogar persönlich kannte, aber das stimmt so nicht. In der ersten Staffel ist seine Identität ein komplettes Geheimnis. Zur Erinnerung, Moriarty spielt kurzfristig den Freund von Molly und wird dabei von Sherlock vermeintlich als schwul entlarvt. Glaubt ihr nicht, dass das bei einem bekannten Gangster der unter Beobachtung steht aufgefallen wäre? Und was soll das mit dem Plan den er mit Eurus schmiedet? Wozu das ganze wenn er doch vor hatte Sherlock selbst zu töten. Andernfalls ist die einzige Erklärung, dass Moriarty nie wollte, dass Sherlock sich in Staffel 2 tötet, sondern sich selber umgebracht hat um den Plan von Eurus zu ermöglichen. Und sorry aber das ist bullshit.
4.) Das passt eigentlich auch zum letzten Punkt, aber was war das für ein Dreck mit Molly? Über 4 Staffeln wird uns diese Beziehung aufgedrängt, in den ersten zwei Folgen der letzten Staffel wird sie komplett ignoriert und in der finalen Folge der Serie gibt es ein pseudoemotionales 2 Minuten Gespräch an dessen Ende sich die beiden ihre Liebe gestehen und thats it? 4 Staffeln Vorbereitung auf ein 2 Minuten Gespräch komplett ohne Nachwirkung?
5.) Zu guter Letzt hat mir dann noch nicht einmal der Fall der Folge gefallen. Erst einmal finde ich das Szenario, dass die Drei von Raum zu Raum wandern seltsam. Sowas passt in eine 0815 amerikanische Mainstream Krimiserie aber meiner Meinung nach nicht in Sherlock. Da muss den Autoren doch was besseres einfallen, als Räume die einfach aneinander gereiht werden um so irgendwie intelligente Momente in der Folge unterzubringen. Der Twist am Ende kam dann leider komplett aus dem nichts (undzwar so richtig aus dem nichts. Der Twist in MGS V hatte eine bessere Vorbereitung) und die ganze Metapher mit dem Flugzeug ist einfach schlecht. Selbst nachdem ich den Twist erfahren habe macht diese Metapher für mich keinen Sinn.
Was ganz am Ende kam (also die Szenen mit Marys Voice Over) war Gottseidank wieder etwas besser und hat mich auch etwas berührt. Nur halt leider nicht ansatzweise so stark wie es das Finale einer meiner Lieblingsserien hätte tun sollen.