Wer beim Lesen des Titels die Stirn gerunzelt und in seinen alten Spieledisketten gekramt hat, der erinnert sich richtig: Shadow Warrior ist der Rebootdes 1997 erschienen gleichnamigen First Person Shooters der Duke Nukem-Macher und hält damit in einer Zeit von Militärsimulationen und Schlauchlevels die Arenashooter-Flagge hoch in die Luft. Aber will das heute überhaupt noch irgendjemand spielen?
Killer auf dem Weg zur Arbeit: Lo Wang
Das Intro wird bereits von der Grundstimmung des gesamten Spiels geprägt. Protagonist Lo Wang, seines Zeichens Söldner und Sprücheklopfer, fährt seinen Sportwagen zum Achtziger-Sound von Stan Bushs „You‘ve got the touch“ zu seinem jüngsten Auftrag. Für Industriemogul Orochi Zilla soll er einem Sammler ein antikes Schwert abkaufen – oder es bei einem Scheitern der Verhandlungen aus dessen toten Händen einsammeln. Versteht sich von selbst, dass letzterer Fall eintritt. Und kurz bevor Wang die Klinge in Händen hält, stürmen Dämonen die Party, stehlen das selbstverständlich magische Schwert und lassen den japanischen Haudrauf mit einem einzelnen verbannten Dämonen zurück, der zwar die Erinnerung daran, wie er hier gelandet ist verloren hat, sein zynisches Mundwerk jedoch nicht. Gestatten, Hoji.
Ganz schön vorlaut für einen verbannten Dämonen: Sidekick Hoji
Alles weitere an Story erzählt sich im Laufe des Spiels in Form von Hojis wiederkehrender Erinnerung. Die Geschichte bleibt flach, bietet jedoch einige nette Zwischensequenzen im Kalligraphie-Stil und ein überraschend erwachsenes Ende.
I don't know about you, but I'm having fun!
Dreh- und Angelpunkt von Shadow Warrior ist natürlich der Kampf, und der hat es in sich. Im Laufe seines Abenteuers sammelt Lo Wang sechs verschiedene Schusswaffen auf – vom ordinären Revolver bis zum Dreifach-Raketenwerfer Marke „Nuke Dukem“. Die trägt er übrigens alle gleichzeitig mit sich rum – kein Haupt- und Nebenwaffe-System wie etwa in Battlefield oder Call of Duty. Das Arsenal ist zwar eher konventionell, das Design der Waffen ist jedoch herrlich unrealistisch und mindestens zwei Schussmodi pro Waffe sorgen zudem dafür, dass man nicht nur mit einer einzigen hantiert, sondern alle möglichst oft in Aktion sehen will.
Jedes Schießeisen verblasst allerdings, wenn Wang sein Markenzeichen in die Hand nimmt – nicht etwa seinen Wang, sondern sein Katana. Nahkampf ist das Kernmerkmal von Shadow Warrior. Anders als im Urspiel, in dem die Klinge lediglich die letzte Verteidigung darstellte wenn alle Kugeln aus waren, verbringt man in hier die meiste und die spaßigste Zeit auf Tuchfühlung. Es gibt verschiedene Techniken, die man sich im Laufe der Zeit mit Karma, das man durchs Töten von Feinden erlangt, kauft, sowie eine Art Magiesystem, mit dem man sein Gegenüber lähmen, zurückstoßen oder sich selbst heilen kann. Gegner lassen sich nahezu punktgenau in Stücke schneiden, was nicht selten nicht nur zu irrwitzigen Blutfontänen, sondern auch zu wild fliegenden Körperteilen führt. Manche davon lassen sich sogar als Waffe verwenden, Dämonenherzen wirken etwa wie Granaten und die Köpfe mancher Zwischenbosse schießen mit Laserstrahlen, wenn man sie auf Feindeshorden richtet. Das klingt genau so dämlich, wie es ist, macht es dadurch aber nur umso befriedigender, einem brennenden Minotaurus den Kopf von den Schultern zu reißen.
Dessen Kopf schmückt bald nicht etwa unseren Kaminsims, sondern unser Arsenal in Shadow Warrior.
Dämlich sind auch die Gespräche zwischen Wang und Hoji, der die Rolle eines klassischen Sidekicks einnimmt. Während der Humor des menschlichen Schwertkämpfers ziemlich derb und direkt ist, kommentiert der Dämon eher mit Sarkasmus und rhetorischem Charme. Im Zusammenspiel ergibt sich etwas, das man als „witty banter“ bezeichnen könnte, wenn man des Englischen mächtig ist – ein stetiges Hin und Her an dummen Sprüchen und gegenseitigen Sticheleien. Das trifft nicht jeden Humor, wer so etwas aber mag, wird hier sehr glücklich.
Alle anderen können sich dann trotzdem noch am der humorvollen Einbindung zahlreicher Anspielungen auf alte Filme und Videospiele freuen. Da wird einem das berühmte The Legend of Zelda-Meme „It’s dangerous to go alone“ lässig serviert, während Wang seine erste Schusswaffe aus der Hand einer bärtigen Leiche klaubt. Und wenn sich der Japaner den Schädel kahl rasiert, dann nur, weil das alle guten Helden so machen, das wusste schon der Protagonist von Taxi Driver.
Live Wang and prosper
Der Story-Modus erstreckt sich über etwa dreizehn Stunden und ist damit ziemlich lang für sein Genre. Wem der Kampf am meisten Spaß macht, der freut sich darüber, wer tatsächlich wissen möchte, wie die Geschichte weitergeht, der hat mit recht vielen erzählerischen Längen zu kämpfen.
Die Level sind schlauchig, der einzige Zweck der Architektur ist es, den Krieger von Kampf zu Kampf zu gelegentlichen „Zerstöre 3 Schreine, um die Tür zu öffnen“-Rätseln zu lotsen. Trotzdem gibt es – ganz im Stile alter Genrevertreter – geheime Räume voller Geld sowie einige Sammelobjekte. Besonders hervorzuheben sind hier die Glückskekse, die beim Aufsammeln einen dummen Spruch von sich geben und für die allein es sich schon lohnt, alles genauestens abzusuchen.
Das hat nach seiner Pekingente sicher noch kein Esser lesen dürfen.
Wer keine Lust hat auf Schlauchlevel und Story kann seinen Spielstand jederzeit in einen Arenamodus laden, in dem man sich Gegnerwellen mit genau der Ausrüstung stellt, die man sich bisher verdient hat. Und am Ende der Geschichte bekommt man die Möglichkeit, ein neues Spiel zu beginnen, mit allem was man bisher erreicht hat – so kann man sich doch noch die Haftsprengstoff-Bolzen für die Armbrust leisten, für die es bis zum Endgegner einfach nicht gereicht hat.
Fazit
Fans von FPS-Klassikern wie Duke Nukem 3D, Doom oder dem originalen Shadow Warrior werden ihre helle Freude mit dem Spiel haben, ebenso Leute, die Action abseits des militärischen Shootermainstream suchen. Das ausgezeichnete Schwertkampfsystem und der Humor heben dieses Spiel von anderen Shootern ab und rechtfertigen auch den vergleichsweisen hohen Preis von 30-40€ für einen reinen Downloadtitel. Wer eine ernstzunehmende Story und anspruchsvolle Witze benötigt, um Spaß an übertriebener Gewalt zu haben, sollte sich jedoch fernhalten oder auf einen Sale warten, um Shadow Warrior zu einem günstigeren Preis auszuprobieren.
Erhältlich ist das Spiel auf Steam, auf GOG.com sowie im Humble Store und auf PS4.
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Wem die Review gefallen hat, der findet die Links zu meinen weiteren Re- und Previews in der Signatur.