Mad Max - Review: Geplagt von Unverständnis

  • Oh what a game, what a "lovely“ game?


    Dies wird die erste schriftliche Review meines Lebens. Ich selbst bin verwundert, dass es so lange dauern musste bis zu diesem Zeitpunkt. Doch noch viel mehr verwundern mich die Umstände, die mich nötigten meine Gedanken zu Mad Max schriftlich festzuhalten.


    Es folgen leichte Spoiler zu Spielinhalten.



    Um meine Situation zu verdeutlichen:


    Mad Max unterhielt mich 20 Stunden lang wie kein anderes modernes Open World Spiel zuvor. Das apokalyptische Wasteland mit seinen skurrilen und absurden Charakteren ließ mich die gesamte Spielzeit über nicht los und bündelte alle meine kühnsten Rachegelüste in einem grandios erbarmungslosen Finale. Die Umsetzung dieser Filmreihe in Videospiel-Form überzeugte mich atmosphärisch und (größtenteils) spielerisch durchgehend.


    Und all diese Tatsachen machen es für mich nur noch unverständlicher, wie die Fachpresse und die Spieler über Mad Max berichten.


    I read, I cried, I read again!


    Ich habe ein Problem mit circa 90% aller bisher veröffentlichten Reviews. Denn ob gut oder schlecht bewertet, in kaum einem Testbericht fand ich die Qualitäten, die für mich die Kernfaszination des Erlebten ausmachten.



    Eine kurze Zusammenfassung in Reviews genannter Aspekte:


    - "A massive open world", die entweder als zu repetitiv oder zu groß und leer verurteilt wurde oder für die "hours of content" gelobt wurde.


    - "Fun car combat", welches für manche zu wenig Möglichkeiten bot und für andere genug Explosionen um ihren Adrenalinausstoß anzutreiben.


    - "More-of-the-same AAA game", in Hinblick auf eine, zum einen funktionierende Ubisoft-Open-World-Formel, aber zum anderen zu klassische und innovationsfreie Anwendung dieses Schemas.


    - Außerdem stieß ich im Hinblick auf die Story stets auf die Worte "kaum vorhanden" oder "gets stronger in the last third".



    Also wer hat Recht? Die Leute, die einfach nur Spaß mit der AAA Formel haben oder diejenigen, die eben diese Formelhaftigkeit kritisieren?



    nunja.....


    vielleicht keiner der beiden "Fraktionen"....



    I'm just here for the gasoline.


    Jedenfalls machte es auf mich genau diesen Eindruck, basierend auf meinem Spielerlebnis.


    Am meisten verwundert war ich von dem ständig bemängelten Aspekt der Repetitivität. Denn genau diesem wirkte die ständige Abwechslung entgegen. Die einzelnen Aufgaben wiederholen sich beim mehrmaligen Ausführen zwar, allerdings werden dem Spieler fast das gesamte Spiel über immer wieder neue Aufgabentypen vorgesetzt, die sich von den anderen stark unterscheiden. Beispielsweise kann man später im Spiel Minenfelder mit dem treuen Hundebegleiter entschärfen oder man muss die verschiedenen Modi der Death Races überleben.


    Mein größtes Problem stelle das Two-Button-Kampfsystem zu Fuß dar. Dieses nutzt sich vor allem gegen Ende des Spiels stark ab. Aber selbst bis zu diesem Punkt hatte ich meinen Spaß damit, da man sich an ein anderes Timing bei den Kontern gewöhnen muss, als in Batman, da Animationen nicht so schnell abgebrochen werden.


    Und selbst das Kampfsystem konnte meine Neugierde nicht mindern. Die Neugierde nach jedem neuen Schauplatz, den es zu erkunden oder von Gegnern zu befreien gilt. Jedes der (ich glaube mehr als 20) Camps ist ein in sich geschlossenes kleines, eigen designtes Gebiet und wirkte auf mich anfangs wie ein Produkt monatelanger Arbeit. Die Detailverliebtheit innerhalb der Stützpunkte ist beeindruckend. Bis nach etwa 12 Stunden Spielzeit fand ich kein einziges merklich recyceltes asset. Die Minischauplätze reichen von bebauten, mehrstöckigen Brücken über unterirdische Höhlenkomplexe bis hin zu einer Kampfarena in Mitten eines vulkanartigen Berges.


    Und auch die Gebiete wirkten immer stimmig und abwechslungsreich und überraschten mich stets aufs Neue, welche halb zerfallenen Gebäude, Fahrzeuge oder Felsformationen ich halb im Sand vergraben entdecken konnte.


    Ich war die ganze Zeit über niemand geringeres als der Road Warrior, den wir alle von der Leinwand kennen und lieben. Das Mad-Max-Feeling im Stile des zweiten Films verlor nie seine Wirkung und ließ mich zwar manchmal etwas alleine in dieser enormen Spielwelt wirken, was aber meiner Meinung nach genau das richtige Mittel war um die Atmosphäre aufrecht zu erhalten.


    Genauso wie die Darstellung des Antihelden selbst. Max bleibt lange Zeit eine mürrische, zynische Figur, die keinen Auftrag annimmt ohne vorher seinen Nutzen davon erfahren zu haben. Und genau das ist gut so und bleibt realistisch. Mit einem solchen Charakter als Protagonisten kann man keine tiefgreifende „Story“ verlangen. Mad Max funktioniert nicht über eine übergeordnete Geschichte. Es funktioniert über Charaktere. Jeder der skurrilen, teilweise masochistischen oder sadistischen Figuren mit denen sich Max abgeben muss, um Teile für sein Auto zu sammeln ist unterhaltend genug um die einzelnen Neben- und Hauptmissionen mit einem eigenem Grad an Wahnsinn zu tragen.




    "Falsch" gespielt?


    Genau wegen diesem, anscheinend so anderen Erlebnis, als die meisten anderen Menschen, die im Internet ihrer Meinung kundtaten, stieß ich auf die Frage, was ich "falsch" gemacht habe?



    Zuallererst:


    Ich habe mein Spielerlebnis tatsächlich relativ viel "angepasst". So ließ ich meinem Protagonisten, sobald es verfügbar war, einen stattlichen Bart wachsen, der sein ursprünglich wirklich unaussprechlich hässliches Gesicht mit möglichst viel Haar bedeckte. Und prompt konnte ich mich, wie im Film besser mit dem gebrochenen Road Warrior identifizieren.


    Die Meleekämpfe sind zwar wenig innovativ, allerdings nutzten sie sich für mich, genauso wie die Bosskämpfe, lange Zeit nicht ab. Aus dem Grund, dass ich ebendiese jederzeit vermied und nur in größter Not zu den Fäusten griff. Wenn sich ein Camp durch reinrennen, objective erledigen und rausrennen erledigen lässt, warum sollte sich Max dann durch ein paar dumme KI-Schergen aufhalten lassen?


    Ebenso verloren die Nebenaktivitäten für mich nie ihren Reiz, da ich diese oft nur im Storyzusammenhang erledigte um weiterzukommen. Und das funktioniert hervorragend, da sie einem dort nicht unkommentiert als Lückenfüller vorgeworfen werden, sondern in einer Haupt- bzw- Nebenmission in Kontext gesetzt werden. Bis zum Finale erledigte ich also keine gleichförmige, repetitive Aufgabe mehr als drei Mal (& insgesamt 5 Camps). Der Completionist in mir hatte nach den Credits ja noch genug Zeit all die langweiligen Dinge zu erledigen.



    Und somit blickte ich nach 20 Stunden Spiel und 5 Minuten Credits auf ein Spielerlebnis, in dem ich zwar nur zwei Sandstürme überlebt, drei Convoys überfallen, zwei Bosse verprügelt und alle (sehr kreativen) Nebenmissionen erledigt hatte, aber genau deswegen die raue Wüste in mein Open-World-Herz geschlossen hatte.


    U Mad bro?


    So kann ich letztendlich nicht sagen, ob jemals jemand meine Spielerfahrung nacherleben wird oder kann. Die Kaufentscheidung kann ich niemandem abnehmen. Ich kann nur Fans der Reihe den Rat geben, sich während des gesamten Spiels auf die Atmosphäre einzulassen, am besten keine Schnellreisen zu benutzen (oder währenddessen eine Serie zu schauen(, Robin!?)) und die Formelhaftigkeit ein wenig auszublenden. Nicht um sich selbst das Spiel "schönreden“ zu können, sondern vielmehr es in einer Form genießen zu können, die den Filmvorlagen gerecht wird.





    P.S.: Ich hoffe ich habe meinen Standpunkt nachvollziehbar dargestellt. Es fällt mir manchmal schwer meinen Gedankengänge für andere verständlich zu ordnen. :D (Und Punktebewertung gibt’s nicht, sry)

  • Das Argument, Nebenaufgaben zu ignorieren, da sie nicht erforderlich sind, zieht für mich im Falle eines Open-World-Spiels einfach nicht.
    Ebenso, ist die Methode "Durchrennen", um das Kampfsystem nicht so oft nutzen zu müssen auch nicht das richtige...


    Alles in allem kommen wir hier zu einem ähnlichen Ergebnis wie Robin und Tom im Stream.
    Es ist mit Sicherheit kein schlechtes Spiel, wäre aber in einem anderen Genre besser aufgehoben.
    Eine "Action-Achterbahn" a la Uncharted hätte vermutlich einfach besser funktioniert.
    nichts anderes hast du dir aus diesem Open-World-Spiel konstruiert. Zumindest hört sich das so an.


    Ich werd mir das Spiel mit Sicherheit mal anschauen, weil es dann doch ganz interessant aussah und mir dieser Fahrzeug-Ausbau Ansatz ganz gut gefällt.
    Aber nicht zum Vollpreis, sondern eher für 15€ im Steam Sale und während ich eine Serie schaue. Zumindest bei den Nebenmissionen.

  • Es ist tatsächlich weniger eine Review, die einem aufzeigt, ob das Spiel etwas für einen ist. Es war mir nur wichtig einmal eine etwas andere Seite des Spiels aufzuzeigen abseits der Kritik an der Formelhaftigkeit.
    Ich kann natürlich niemandem vorschreiben, wie er das Spiel am spaßigsten zu spielen hat, vielleicht habe ich da ein wenig zu dick aufgetragen.


    Allerdings finde ich den Open World Ansatz durchaus gelungen, nur eben dass es für mich dadurch mehr den Mad Max Charme der ersten drei Filme hat.
    Beim aktuellen Hype um den neusten Film verstehe ich das Verlangen nach gescripteter Action. Das Spiel trifft da einen eindeutig anderen Ton in vielen Aspekten.


    Und zum Vollpreis würde ich es auch nicht kaufen, ich habe für 25€ als Vorbestellung bekommen.


    Danke für die Kritik ^^