Open Worlds, GPS und Zugänglichkeit

  • Hallo zusammen! Ich wollte gerade auf einen Beitrag im "Was wird momentan gezockt"-Thread antworten. Dabei habe ich jedoch gemerkt, dass ich damit ein bisschen übers Ziel hinaus schießen würde. Also habe ich mir gedacht, es wäre vielleicht angebrachter, für das Thema einen neuen Thread zu eröffnen.



    Burnout Paradise


    Keine Schnellreise, was gar nicht schlimm ist weil die Karte nicht so groß ist. Aber es gibt kein GPS in der freien Fahrt, heißt man muss ständig die Karte aufrufen.


    Ganz ehrlich? Das finde ich super. Jetzt nicht konkret auf Burnout Paradise bezogen, das habe ich vielleicht mal eine Stunde angezockt, mehr nicht. Aber mich nerven diese ganzen Navigationssysteme in Open World-Spielen. Dosiert eingesetzt, kann es ja durchaus ein Spielelement sein, nach Navi zu fahren, aber mittlerweile gibt es ja so gut wie kein Spiel mehr, das ohne auskommt. Es gibt zwar meist die Möglichkeit, dieses Feature auszuschalten, aber das Problem ist, dass die Spiele eben mit diesem GPS designed werden. Das heißt, man erlebt das Spiel nicht auf die vom Director vorgesehen Art und Weise, und das fühlt sich für mich immer falsch an (auch der Grund, warum ich fast immer auf dem "normalen" Schwierigkeitsgrad spiele). Teilweise ist es ja wirklich unmöglich, sich in den heutigen riesigen offenen Welten ohne GPS zurecht zu finden.


    Das Problem an der Sache ist aber: Die Spielwelt selber wird zur reinen Kulisse degradiert, die nur dazu da ist, um das Spiel zu strecken und die meist einfach Singleplayer-artigen Hauptmissionen ohne großen Erzählaufwand zu verbinden. Heutzutage ist die offene Welt ja auch meist kaum mehr als Kulisse, die sich nicht zu erforschen lohnt, aber das ist eben eine self-fulfilling prophecy in Verbindung mit dem GPS-System. Wenn der Spieler nur schnurstracks zum Ziel geleitet wird, wird er sich weniger abseits der Wege umgucken, also warum sollte man in die Peripheriegebiete viel Entwicklungsarbeit stecken? Dabei ist doch gerade die Auseinandersetzung mit der Spielwelt das, was die eigentliche Stärke von Open World-Spielen ist! Ich will keine GPS-Systeme und keine Schnellreisefunktion. Ich will die Welt kennenlernen und durchstreifen, selber den Weg finden, mir Straßen und Locations merken, die dann später als Wegpunkte in meinem Kopf fungieren.


    Leider gibt es in all den Spielen, wo einfach eine Open World draufgeklatscht wird, kaum noch einen Anreiz dafür. Und die 5 Milliarden Collectibles, die sinnfrei über die Map verstreut werden, sind für mich auch kein wirklicher Anreiz. Sie sind einfach nur Beschäftigungstherapie. Ich habe zB Far Cry 3 auf 100% durchgespielt, also nach der Hauptstory noch alle Collectibles eingesammelt.. Aber Spaß hatte ich dabei nicht. Ich bin mit der Schnellreisefunktion zu einem Speicherpunkt gebeamt, habe die nächste Statue auf der Map markiert, bin hingelaufen, hab mich woanders hin teleportiert, usw. Viel mehr Spaß hat es mir aber gemacht, wenn ich zu Anfang des Spiels am Wegesrand oder am Strand zufällig auf eine größere Höhle gestoßen bin. In der mag dann zwar auch ein Collectible gelegen haben, aber das war nebensächlich. Leider habe ich dann schnell gemerkt, dass die versteckten Gebiete kaum was anderes zu bieten haben als Sammelobjekte und Loot, und overpowert war ich sowieso das ganze Spiel über, weil ich zu Beginn so aufmerksam gesucht hatte. Mein Inventar war ständig voll. Ich will in diesen versteckten Gebieten in einer offenen Welt Geschichten erleben! Und wenn die Entwickler zu faul waren, irgendwas spannendes zu designen, will ich wenigstens irgendeinen anderen Mehrwert haben. Mehr als "austauschbares Collectible 27 von 200". Die gab es bei Far Cry 3 zwar auch, die Briefe und die Speicherkarten, jeweils 20 Stück. Sie sind allerdings unter den 200 anderen Collectibles komplett untergegangen.


    Und wenn ich jetzt mal GTA: San Andreas, GTA IV und GTA V miteinander vergleiche, stelle ich fest, dass mich die Welt von San Andreas viel viel mehr gepackt hat. Obwohl ich das Gangbanger-Szenario nicht mal so sonderlich mochte. Aber ich kenne das San Andreas aus diesem Spiel immer noch wie meine Westentasche, obwohl ich es seit Jahren nicht mehr gespielt habe. Bei IV und V kann ich mich vielleicht noch an einige Gegenden erinnern, aber das ist kein Vergleich. Dabei sind auch die Welten von GTA IV und V im Verhältnis noch immer welche der besten. Aber ich kenne mich dort eben nicht aus, weil kein Anreiz dazu bestand. Wozu Wege merken, wenn ich doch eh nur nach dem blauen bzw. gelben Marker auf der Minimap fahren muss? Währenddessen ich die Straßennamen von Los Santos und San Fierro aus San Andreas zwischenzeitlich besser kannte, als die meiner Heimatstadt. Ja, okay, auch da konnte man zumindest seinen Zielpunkt auf der Map markieren und dann in die angegebene Himmelsrichtung fahren. Aber man musste sich trotzdem selber seinen Weg suchen. Ich habe in jeder Stadt ungelogen Stunden mit diesen dummen Taxi-Missionen verbracht, damit ich die Stadt besser kennen lernen konnte. Irgendwann brauchte ich überhaupt keine Map mehr. Da habe ich dann eine Taxifahrt in den Hills angenommen, der Kunde sagte: "Fahr mich zum Stadion in East Los Santos" und ich bin einfach hin gefahren, ohne auch nur einmal auf die Karte zu gucken. Meine Güte, hatte ich diese Welt verinnerlicht.


    Klar, ich kann schon verstehen, warum heutzutage quasi jedes Spiel diese Funktion hat. Zugänglichkeit usw. Es kostet den Spieler einfach verdammt viel Zeit, sich auf diese Art und Weise mit der Spielwelt auseinander zu setzen. Aber ich finde es schade, wenn auch leider den Gesetzen des Marktes nach normal, dass heutzutage fast jeder Entwickler dieses Risiko scheut und den "easy way out" nimmt. Anstatt eine überzeugende Open World zu kreieren, stellt man dem Spieler einfach GPS und Schnellreise zur Verfügung. Es ist ja auch marktwirtschaftlich einfach sinnvoll für die Triple A-Studios, das Risiko von verirrten und verwirrten Spielern, die mittlerweile ohne GPS komplett aufgeschmissen wären, ist viel zu groß. Nur tut das der Qualität der Spiele meiner Meinung nach überhaupt nicht gut.


    Was denkt ihr zu dem Thema?


    Mark Brown hat übrigens in einem Video seiner "Game Maker's Toolkit" über genau das Thema gesprochen und meine Meinung dabei ziemlich gut getroffen. Außerdem hat er noch ein Video über den Vorzug von kleineren Open Worlds im Vergleich zu dem heutigen - wortwörtlichen - Größenwahn gemacht.




    PS: Das ist jetzt echt ein witziger Zufall. Vielleicht lag es auch daran, dass "Burnout Paradise" genau diese oben niedergeschriebenen Gedanken bei mir ausgelöst hat. Aber Mark Brown hat sogar in einem Video explizit über die Welt von Burnout gesprochen, das auch in diese Kerbe schlägt. Das hatte ich komplett vergessen. ^^


  • Ich würde Burnout jetzt nicht als ein Open World Spiel im klassischen Sinn bezeichnen. Da es eben keine Geschichte, keine Welt mit einer Vergangenheit gibt die man entdecken kann. Es ist halt ein Platz zum rumfahren, mehr nicht.
    Deswegen halte ich es nicht für nötig die Map auswendig zu lernen, und die Option GPS zu verwenden wäre einfach eine Zeitersparnis. Wobei die Map von Burnout ist klein genug dass es mir reichen würde wenn ich mir Punkte auf der Minimap anzeigen lassen könnte.


    In Bezug auf "richtiges" Open World (Assassins Creed, Skyrim etc.) bin ich fast ganz bei dir.
    Weniger ist mehr.


    DIese Spiele haben einfach das Problem dass praktisch sofort die gesamte Karte und jede noch so kleine Nebenquest zur Verfügung steht. Die Hauptstory ist eigentlich egal, hauptsache es gibt möglichst viel zu tun. Es gibt überhaupt keinen Grund sich mit der Welt zu beschäftigen oder Wege zu lernen, und durch die Größe wird es einfach schnell frustierend überall selbst hinlaufen zu müssen wenn zwischen Questgeber und Quest 5 Minuten Laufweg sind, die man auch wieder zurück muss.


    Für solche Spiele ist eine Schnellreise, GPS etc. für mich zwingend notwendig, da meine Zeit mir mittlerweile einfach zu schade ist nur mit laufen zu verbringen und irgendwelche Fetchquests zu machen.
    Deswegen bin ich von den Assassins Creed, Fallout mittlerweile eher abgeschreckt.
    Weniger aber dafür besserer Content spricht mich jetzt deutlich mehr an.


    Aber egal wie gut die Welt ist es sollte wenigstens die Möglichkeit geben lange Wege abzukürzen.
    Am Besten natürlich wenn ich sie nicht einsetzen möchte weil mich die Welt so in ihren Bann zieht, aber ich möchte einfach die Option haben.


    Dark Souls macht es eigentlich perfekt. Am Anfang ist man gezwungen die Welt kennen zu lernen und die Gebiete sind auch nicht extrem groß deshalb funktioniert das auch super. Aber ab einem bestimmten Punkt bekommt man die Möglichkeit sich zu teleportieren um die immer größer werdenden Laufwege im Endgame zu umgehen.


    Oder Tales of Vesperia bei der sich die Welt immer weiter öffnet, es aber auch immer schnellere Transportmöglichkeiten gibt.

  • Es gibt da dieses Bild von Bloodborne. Etienne von den Rocketbeans hat es mal mit dem Text "Wenn FromSoft so wie die anderen Entwickler wäre" getwittert.




    Und es stimmt einfach. Diese Spiele würden so viel von ihrer Faszination verlieren. Ich finde auch jedes andere Spiel verliert extrem an Glaubwürdigkeit wenn man die Schnellreise im Spiel nicht erklärt, ich meine, wenn sie nur da ist damit sie halt da ist. Es ist so schade dass viele Entwickler so faul sind und es nicht mal versuchen.
    Morrowind hat es so gut gemacht. Es gab so viele Möglichkeiten zu reisen. Entweder man bedient sich der Magie oder man nimmt einen Schlickschreiter (echt coole Viecher :) ) oder ein Schiff oder man lässt sich von einem Magier teleportieren. Klar, schlussendlich ist das auch nur eine schnellreise, aber ich finde sie ist gut ins Spiel integriert.
    Als ich dann Oblivion gespielt habe war ich schon ein wenig schockiert dass man einfach ALLES ersatzlos gestrichen hat. Wie lieblos, wie unkreativ. Nicht einmal den Versuch unternommen etwas neues zu versuchen. Da hast du deine Map. Ist alles markiert. Klick halt drauf wenn du wo hin willst. Man musste sich nicht mehr mit der Spielwelt auseinandersetzen.


    Bei Skyrim war es fast genau das selbe. Wobei man dort die Kutschen eingeführt hat. Aber wer benutzt die schon wenn man sich durch die Welt Schnellreisen kann? Ich habe bei Skyrim dann eine Rollenspiel Mod installiert welche die Schnellreise deaktiviert hat und für mich wares ab diesem Zeitpunkt einfach ein anderes Spiel. Kutschen und vor allem Pferde bekommen so einen ganz anderen Stellenwert.
    Ich könnte heute noch von meinem harten Kampf gegen eine horde Banditen erzählen weil ich unbedingt ihr Pferd haben wollte. Und ich habe mich so gefreut als sie alle im Dreck lagen und ich endlich eine Möglichkeit hatte schneller zu reisen. :) Das sind so kleine Geschichten die nur in einer open World passieren können, und für die ich diese (Rollen)Spiele so liebe.


    Bei Dark Souls genau das gleiche. Den Moment wird wohl niemand vergessen... So einmalig. So genial. <3


    Beim dritten Witcher Teil finde ich es auch nicht optimal gelöst. Da hat man viel potential verschenkt. Ich bin aber trotz der Schnellreise meistens zu Fuss oder auf Plötze durch die Welt gereist. Diese Spielwelt ist einfach viel zu schön, um sich einfach nur durch zu beamen.