Hallo, schön dass ihr den Weg zu meinem (bis dato ersten) Review gefunden habt!
Wie der Titel des Threads bereits verkündet werde ich hier meine Erfahrungen mit dem GPD Win 2 zusammenfassen. Allerdings werden sich die meisten von euch fragen was dieser GPD Win überhaupt ist...
Da ich nicht die Zeit und die Muße besitze das Gerät in allen Einzelheiten zu beschreiben und dessen Spezifikationen aufzulisten, verweise ich hier einfach mal ganz frech auf den englischsprachigen Wikipedia-Artikel. Dort könnt ihr euch einen recht guten und schnellen Überblick über das Gerät verschaffen. Mit diesen Grundinformationen gerüstet können wir nun zur Tat schreiten und die Eigenschaften des Win 2 genauer unter die Lupe nehmen:
Erfahrungszeitraum
Ich habe meinen Win 2 vor ca. 4 Monaten erhalten, es handelt sich um eine recht frühe Version mit 128 GB SSD und Vibrationsfunktion des Controllers (in einer späteren Version des Win 2 wurde die Vibrationsfunktion anscheinend entfernt). Das Gerät wird von mir fast täglich genutzt, die meiste Zeit davon auf dem Arbeitsweg in der Bahn. Das Gehäuse ist für die Hosentasche ein wenig zu groß, weswegen ich ihn nur mit nach draußen nehme wenn ich ihn im Rucksack verstauen kann. Ansonsten nutze ich ihn zuhause, wenn meine Freundin gerade den Fernseher in Anspruch nimmt oder ich gemütlich im Bett zocken möchte. In der Woche kommen also einige Stunden Nutzungszeit zusammen. Mittlerweile habe ich die ursprünglich verbaute SSD durch ein größeres Modell mit 500 GB ersetzt, da abzüglich der Windows-Installation und Zusatzsoftware nur noch ca. 90 GB für Spiele und sonstige Anwendungen zur Verfügung standen.
Handhabung
Der Win 2 ein wenig klotzig, er hat weder Gripp noch Rundungen für die Finger auf der Unterseite. Anders als ein Xbox-Controller liegt er deswegen sehr steif in der Hand, ich habe ein wenig gebraucht um meine Hände an diese "ungewohnte" Haltung zu gewöhnen. Mittlerweile kann ich recht gut mit ihm umgehen, nach ein paar Stunden intensiven Spielens muss ich dann allerdings doch kleine Pausen für die Hände einlegen, da ansonsten Krampfgefahr besteht.
Die Buttons und Sticks des Controllers sind insgesamt gut zu erreichen, ein kleines Manko ist die Druckfunktion der Analog-Sticks. Aufgrund der geringen Gehäusestärke lassen die Analog-Sticks sich nicht nach innen drücken, für diese Funktion wurden auf der Rückseite des Geräts extra zwei weitere Schulterbuttons eingebaut. Diese Besonderheit musste ich erstmal meinem Muskelgedächtnis antrainieren, mittlerweile habe ich mich aber daran gewöhnt. Das Steuerkreuz und die Hauptbuttons sind mit dem Daumen gut zu erreichen, ich kann mir allerdings vorstellen dass Menschen mit längeren oder kürzeren Fingern zu einem anderen Schluss kommen könnten.
Die Schultertasten auf der Rückseite lassen sich ebenfalls sehr gut bedienen, lediglich die Tasten LT und RT fühlen sich nicht ganz so hochwertig an wie die restlichen Schultertasten (später mehr dazu). Das Steuerkreuz ist leider ein wenig Schwammig in der Bedienung, anspruchsvolle Side-Scroller lassen sich mit ihm eher nicht spielen.
Um den Win 2 nicht über den Touchbildschirm steuern zu müssen lassen sich die Buttons des Controllers mit einem simplen Schieber in eine Maus umwandeln. Der rechte Analog-Stick dient dann als Maus-Ersatz, und die Schultertasten fungieren als Maustasten. Wer schon mal die Software Controller Companion ausprobiert hat kennt das Prinzip, es ist intuitiv und lässt sich gut bedienen.
Die Tastatur des Win 2 ist sehr umfangreich, lässt sich allerdings aufgrund ihrer Größe nur als Daumen-Tastatur nutzen. Diesen Zweck erfüllt sie allerdings hervorragend, die Tasten haben ein gutes haptisches Feedback und sind mit beiden Daumen gut zu erreichen.
Das Touchpad des Bildschirms funktioniert einwandfrei, auch wenn ich es nicht nutze um den Bildschirm nicht vollzusauen. Der Bildschirm selber lässt sich stufenlos in seiner Neigung verstellen, was für ein angenehmes Spielgefühl in jeder erdenklichen Lage sorgt. Da der Bildschirm nicht entspiegelt ist sollte direkte Sonneneinstrahlung vermieden werden.
Performance
Die Leitungsfähigkeit dieses kleinen Geräts ist wirklich unglaublich, ich hatte noch mit keinem getesteten Spiel Probleme oder Abstürze. Neue 2D Sidescraller wie auch aufwändigere 3D Titel wie z.B. Skyrim laufen ohne Probleme in 720p und mit 60 fps. Dank der verbauten SSD gibt es keine langen Ladezeiten, und auch beim Multitasking oder wechseln zwischen laufenden Anwendungen gibt es keinerlei Probleme. Ein kleines Manko ist der Lüfter, der bei grafisch aufwendigen Spielen gerne mal richtig aufdreht und dann auch deutlich zu hören ist.
In einem voll besetzten Zug sollte man es sich also lieber zwei mal überlegen, ob man seinem Gegenüber das dröhnen eines Lüfters antuen möchte. Bei kleineren Spielen wie Bastion, Jotun oder Don't Starve geht der Lüfter allerdings gar nicht erst an, ein aufgeräumtes System natürlich vorausgesetzt. Neue und aufwändige Games wie GTAV oä lassen sich auf dem kleinen Teil natürlich nicht mit hohen Details in voller Auflösung zocken, das gibt die Hardware ganz einfach nicht her.
Die verbauten Stereo-Lautsprecher sind vom Klang her ok, man sollte kein Wunder erwarten. Da ich allerdings hauptsächlich mit über Bluetooth verbundenen Kopfhörern spiele kommen sie bei mir eh so gut wie nie zum Einsatz.
Akkulaufzeit
Mit voll geladenem Akku kann man ca. 3-4 Stunden spielen, bei rechenaufwendigen Spielen oder Anwendungen kann die Nutzungszeit aber auch schnell mal auf 2 Stunden sinken. Dank USB-C Fast Charge ist der Akku allerdings wieder ruck zuck im grünen Bereich, meist reichen dafür je nach Reststand zwischen 20 bis 30 Minuten um auf 80% zu kommen.
Mit angeschlossenem Netzteil sollte man jedoch vorsichtig beim Spielen sein, die Akkus können dabei verdammt heiß werden und das Gerät so zum abschalten zwingen. Die Spiel- und Ladezeiten sollten also mit bedacht gewählt werden.
Hier ist der Punkt gekommen um auf eine kleine aber wichtige Besonderheit aufmerksam zu machen: Der Big Picture Mode von Steam. Als ich das Gerät gerade neu angeschafft hatte war es für mich selbstverständlich so weit möglich auf den normalen Desktopbetrieb zu verzichten, und stattdessen Steam direkt mit dem verbauten Controller zu steuern. Allerdings musste ich mit bedauern feststellen, dass der Big Picture Mode eine extrem hardwarehungrige Software ist, welche den Akku schneller entleert als einem lieb ist. Aus diesem Grund habe ich mir einfach eine eigene Anwendung geschrieben, welche ich anstelle des Windows-Explorers nach dem Windows-Login starte, und welche ich komplett mit dem Controller steuern kann.
Probleme des Geräts
Während meiner Nutzung des Win 2 ist vor ca. 2 Wochen ein Defekt an einem der Controller-Tasten gekommen. Ich wunderte mich, dass das drücken der Taste LT plötzlich einen viel schwerer zu erreichenden Druckpunkt aufwies. Ich musste die Taste viel tiefer drücken als vorher, vor allem im Vergleich zur noch funktionierenden Taste RT fühlte sich der Druckpunkt falsch an. Ich habe kurzerhand das Gehäuse aufgeschraubt, was erstaunlich einfach war, und mir das Innenleben genauer unter die Lupe genommen. Dabei fiel mir auf, dass die Platinen der Taster für LT und in einer recht dünnen Plastik-Verankerung stecken. Wenn RT oder LT gedrückt werden, dann wird auch die Platine leicht nach hinten gedrückt. Im Falle von RT ist das kein Problem, da die Platine nach hinten hin zusätzlich gegen eine Strebe des Gehäuses gehalten wird. Bei LT hingegen fehlt diese Strebe, die ganze Kraft des Tastendrucks wurde nur von der dünnen Verankerung aufgefangen. Und genau diese Verankerung war gebrochen. Zum Glück konnte ich den Schaden relativ einfach selber reparieren indem ich eine zusätzliche Verstärkung eingebaut habe, ich kann mir jedoch vorstellen dass dieses Konstruktiv ungünstig gelöste Problem recht häufig zu einem Defekt der Taste LT führt.
Abgesehen von dem oben beschriebenen Vorfall hatte ich mit dem GPD Win 2 keine weiteren negativen Erfahrungen, was auch hoffentlich so bleiben wird.
Fazit
Der GPD WIn 2 ist ein Exot aus Fernost, besonders der hohe Anschaffungspreis von momentan um die 720 € dürfte die meisten Interessierten bereits abschrecken. Das Design und die Handhabung ist im Vergleich zu seinem Vorgänger deutlich verbessert worden, es ist aber immer noch Luft nach oben. Besonders bei langen Zugfahrten muss man seinen Händen ab und an ein Päusschen gönnen, was für einen Handheld eigentlich ein Unding ist. Andererseits ermöglicht einem der Win 2 bis dahin ungeahnte Möglichkeiten, dank Windows und Emulatoren kann man jetzt so gut wie jedes Spiel unterwegs zocken, egal ob das Spiel aktuell oder 20 Jahre alt ist. Zusätzlich kann man ganz einfach seine Steam-Bibliothek mit in den Rucksack packen, kann Spielstände zwischen Rechner und Handheld synchronisieren und muss sich keine doppelten Spiele zu Nintendo-Preisen kaufen. Vermutlich lohnt er sich zum Vollpreis nur für absolute Enthusiasten, für den "normalen" Gamer ist er eher nichts.
Das wars von meiner Seite aus, falls ihr Kritik oder Fragen zum Win 2 habt könnt ihr gerne alles raushauen was euch einfällt. In diesem Sinne, frohes neues Jahr!