Narrative und (das Fehlen von) Spielmechanik

  • Anstoß für diesen doch recht langen Post war der letzte Hooked-Podcast, genauer Donut County und hat mich nunmal dazu gebracht etwas länger über Narrative im Videospielen zu schreiben. Im Speziellen den Trend Mechniken so weit zurückzuschrauben, dass sie quasi nicht vorhanden sind und vielleicht auch eine Erklärung zu finden, warum ich und viele andere eine leichte Abneigung gegen diese Spiele haben, was ja in dem mittlerweile bekannten Begriff "Walkingsimulator" gipfelt.


    Einleitend aber ein paar Punkte die meiner Meinung nach Spiele als narratives Medium einzigartig machen. DIes beginnt schon an den Basics, nämlich das Spiel als aktives Medium im Gegensatz zu den passiven Medien Film und Buch. Ein Spiel verlangt mir weit mehr Aufmerksamkeit und Input ab als ein Film und ist, meist auch selbst bei kurzen Spielen, weit zeitaufwändiger, als eine analoge Geschichte im Medium Film oder Buch zu erleben. Und damit kommt das große Problem, wenn ein Spiel sagt, es möchte mir eine Geschichte erzählen, auf derren Kosten die Spielmechaniken so sehr zurückgeschraubt wurden, dass sie quasi nicht mehr vorhanden sind, sollte das Spiel mir auch eine Erfahrung bieten, die die anderen Medien nicht können. Oder kurz: Beweise mir, dass deine Geschichte so gut mit dem Spiel verwoben ist, dass ich sie nicht als Film oder Buch genauso erleben könnte!


    Und hier kommen eben die Beispiele von Spielen, wovon es eines schlecht, das nächste gut und das Letzte sehr gut gemacht haben:


    Donut County: Hier werde ich die Geschichte zusammenfassen müssen, also

    Dieses Motiv ist so altbekannt, dass jedem wahrscheinlich Beispiele aus den anderen Medien einfallen, die dieses Motiv gleich oder ähnlich beleuchten, sei es nun mit guten Ende (Einsehen der Fehler des Protagonisten) oder Schelchtem (Strafe für sein Tun). Um hier nur kurz ein paar Beispiele zu nennen: Ikarus-Saga, Robin Hood,... Die Geschichte die Donut County erzählt ist also in keinster Weise einzigartig, noch unterstützt das Gameplay die Geschichte, was man vorallen daran erkennt, dass man geschichtlich die Mechanik x-beliebig austauschen könnte. Ob er sich nun durch Zerstörung, Manipulation (indem man die Leute vielleicht in fragwürdige Verträge lockt) oder Machtmissbrauch bereichert macht für die Geschichte keinen Unterschied.


    Besser macht es da Firewatch, zwar ist die Geschichte mit ihren Motiven auch da nicht besonders neu, aber die wenigen Mechaniken (gerade das einsame durch einen Wald stapfen) unterstreichen die Story und unterstützen sie. Dadurch wird die Geschichte zwar nicht einzigartig, aber nahbarer als sie vielleicht als Film wäre. Auch wenn dort die Interaktiven Möglichkeiten leider keinen großen Unterschied machen ( gerade am Anfang, wo du die Geschichte etwas mitgestalten kannst sind es meist 2 Optionen des selben Geschmacks).


    Die Beste Erfahrung hatte ich bisher mit the Stanley Parabel, wo ich konsequent gegen die Story gefahren bin bis der Erzähler dann eine Meta-Narrative daraus gemacht hat, warum ich das Spiel so sabotiere und was mir nicht gefällt. Das war bisher der beste Einsatz von den (narrativen) Möglichkeiten, die dir das Medium bieten, eben wirklich interaktiv in der Geschichte zu sein.


    Um das mal zu einem halbwegs sinnvollen Schluss zu bringen. Wenn so ein Spiel mit minimalen Mechaniken aufkommt, was voll auf seine Story geht, reicht es gerade mir nicht wiederzugeben: die "Charaktere" sind gut oder die Geschichte ist gut geschrieben, sondern viel nutzt diese Geschichte sein Potential als Spiel aus, um mir etwas zu bieten was Filme/Bücher nicht könnten? Denn wenn nein, muss man sich dann fragen: Warum musste das als Spiel umgesetzt werden und Warum sollte ich mir die Arbeit machen das als Spiel zu konsumieren? Beim Film muss ich nicht die ganze Zeit auf den Play Button drücken. Ich glaube immer noch, dass dieses Medium dazu in der Lage ist, wenn nicht große, dann zumindest einzigartige Geschichten zu erzählen, aber nur wenn Narrative und Mechaniken zusammenkommen.

  • Ich verstehe nicht ganz, an welchem Punkt du dich hier aufhängst. Du möchtest eine Gegenperspektive zu der Darstellung von Donut County bieten - eventuell, weil Hooked dich sogar dazu verleitet hat, das Spiel zu kaufen, und du dich nun 'schlecht beraten' fühlst, weil dir das Spiel gar nicht gefallen hat? Das ist legitim und kann ich auch nachvollziehen.


    Das übergreifende Argument mit der Arbeit allerdings nicht. Wenn dir ein Spiel keinen Spaß macht, dann wäre doch die naheliegenste Vermutung, dass das Spiel nicht für dich geeignet ist. Die Frage, warum du dir die Arbeit dann machen solltest, kannst du dir nur selbst beantworten. In dem Fall wäre meine einfache Antwort: Ich würde mir diese Arbeit nicht machen. ^^ Aber du implizierst ja, dass dieser Eindruck von Donut County allgemeingültig wäre. Mein Eindruck des Spiels beschränkt sich lediglich auf den Stream von Hooked, dort wirkte es auf mich sehr sympathisch. Auch wenn die Spielmechanik auf mich tatsächlich ebenfalls ziemlich flach und eindimensional wirkte. Aber, mal provokant gefragt: Wo ist das Problem? Wenn jemand so eine Erfahrung sucht, ist das doch vollkommen in Ordnung. Ich bin das zwar nicht, aber das macht auch gar nichts.


    Ich kann zwar deinen Wunsch nach einzigartigen Spielerlebnissen nachvollziehen und teile ihn auch, aber gleichzeitig lese ich deinen Beitrag so, dass du Spielen wie Donut County die Existenzberechtigung absprechen möchtest, nur weil es nicht besonders einzigartig ist und gleichzeitig keine anspruchsvolle Spielmechanik bietet (und die Ebene des ganzen Genres 'Walking-Simulator' wirfst du ja auch noch ein bisschen mit rein). Das widerum kann ich überhaupt nicht verstehen.


    Wenn wir Spiele auf Basis der Einzigartigkeit bewerten, dann wäre ein Spiel wie Firewatch jedem AAA-Spiel überlegen. Das Kriterium alleine erscheint mir aber nicht sinnvoll.

    Oder möchtest du eine Diskussion rund um die Grundsatzfrage "Was ist eigentlich ein Spiel" und "Sind 'Walking-Simulatoren' noch Spiele" anregen?

  • Ich verstehe nicht ganz, an welchem Punkt du dich hier aufhängst. Du möchtest eine Gegenperspektive zu der Darstellung von Donut County bieten - eventuell, weil Hooked dich sogar dazu verleitet hat, das Spiel zu kaufen, und du dich nun 'schlecht beraten' fühlst, weil dir das Spiel gar nicht gefallen hat? Das ist legitim und kann ich auch nachvollziehen.

    Ich wollte da eher mitteilen, dass halt die Punkte die angebracht wurden für mich sehr unzureichend sind. Robin sagte ja im Prinzip: Mechansich anspruchslos mit guten Charakteren/Geschichte. Das bringt meiner Meinung nach halt niemanden was, denn es gibt mittlerweile viele Spiele die gut geschrieben sind. Fast jedes AAA-Spiel kriegt das heut zu Tage hin. Für mich ist da halt die Information eher relevant nutzt das Spiel die Möglichkeiten des Mediums um die Geschichte zu bereichern. Beispiele gab ich ja im letzten Post. Ich würde halt noch eher ein schlecht geschriebenes Spiel spielen, was aber zum Beispiel eine sehr interaktive Narrative hat, als ein gut geschriebenes, was dies nicht hat.

    Das übergreifende Argument mit der Arbeit allerdings nicht. Wenn dir ein Spiel keinen Spaß macht, dann wäre doch die naheliegenste Vermutung, dass das Spiel nicht für dich geeignet ist. Die Frage, warum du dir die Arbeit dann machen solltest, kannst du dir nur selbst beantworten. In dem Fall wäre meine einfache Antwort: Ich würde mir diese Arbeit nicht machen. ^^ Aber du implizierst ja, dass dieser Eindruck von Donut County allgemeingültig wäre. Mein Eindruck des Spiels beschränkt sich lediglich auf den Stream von Hooked, dort wirkte es auf mich sehr sympathisch. Auch wenn die Spielmechanik auf mich tatsächlich ebenfalls ziemlich flach und eindimensional wirkte. Aber, mal provokant gefragt: Wo ist das Problem? Wenn jemand so eine Erfahrung sucht, ist das doch vollkommen in Ordnung. Ich bin das zwar nicht, aber das macht auch gar nichts.

    Mein Problem ist da der Kritikaspekt. Das Spiel ist mechanisch flach und erzählerisch nichts besonderes. Wenn jemand so eine Erfahrung sucht würde ich ihn zu Stanley Parabel verweisen oder Pyre wenn mechanisch anspruchsvoller sein soll. Das Spiel hat da nichts wirklich sehenswertes zu bieten. Und auch wenn all das sehr vernichtend klingt möchte ich klarstellen, dass dies dieses Spiel weder schlecht macht, noch ich jemanden den Spaß nehmen will, den er damit vielleicht hatte.Aber Spiele nach dem Spaß den man damit hatte zu bewerten ist halt auch sinnlos, denn man kann mit allen Spaß haben auch mit Ride to Hell.

    Ich kann zwar deinen Wunsch nach einzigartigen Spielerlebnissen nachvollziehen und teile ihn auch, aber gleichzeitig lese ich deinen Beitrag so, dass du Spielen wie Donut County die Existenzberechtigung absprechen möchtest, nur weil es nicht besonders einzigartig ist und gleichzeitig keine anspruchsvolle Spielmechanik bietet (und die Ebene des ganzen Genres 'Walking-Simulator' wirfst du ja auch noch ein bisschen mit rein). Das widerum kann ich überhaupt nicht verstehen.

    Wenn wir Spiele auf Basis der Einzigartigkeit bewerten, dann wäre ein Spiel wie Firewatch jedem AAA-Spiel überlegen. Das Kriterium alleine erscheint mir aber nicht sinnvoll.


    Oder möchtest du eine Diskussion rund um die Grundsatzfrage "Was ist eigentlich ein Spiel" und "Sind 'Walking-Simulatoren' noch Spiele" anregen?

    Auch ich habe keine klare Definiton was ein Spiel ist. Ich habe für mich nur halt eine Negativdefinition gefunden, also was ein Spiel nicht ist/sein sollte. Ein Spiel sollte kein Film sein, also irgendein interaktives Element sollte so ausgereift sein, dass ich dieses Spiel nur als Spielform in Gänze konsumieren kann.

    Aber treiben wir die ganze Walkingsimulatordiskussion mal auf seine Spitze und reden über so ein Alptraumspiel (natürlich komplett ausgedacht, weil mir so ein Spiel noch nicht untergekommen ist): Ein Spiel, wo du einfach nur läufst und dir eine Geschichte erzählt wird. Deine einzigen Optionen lauf weiter/Geschichte geht weiter und vielleicht nimm einen Seitenweg und du erfährst noch etwas Hintergrundinfos und auch das Laufen trägt nichts zur Geschichte bei oder verbessert sie in irgendeiner Art.

    Ist das noch ein Spiel? keine Ahnung, wenn ja können wir den Spielbegriff aber gleich wegwerfen, denn dieses Spiel hat das interaktive Niveau eines Films und wenn das als Spiel reicht, dann ist der Begriff wertlos geworden.

    Und genau da liegt für mich der Knackpunkt: Wenn dein Spiel so weit runtergedampft ist, dass es quasi ein Film ist, wo ich nur die ganze Zeit w drücken muss, dann ist das vor allen ganz schön vermessen. Denn du nimmst dir raus, dass ich mir die Arbeit machen muss die Geschichte als Spiel zu konsumieren, anstatt der für den Konsumenten viel einfacheren Form des Films. (wie gesagt alles hypotetisch, weil ich noch kein solches Extrembeispiel kenne)

    Um aber etwas produktives hier raus zu ziehen: Was ich halt herrausstellen will ist, dass diese Spiele ihr Medium auf irgendeine Art nuzten sollten um ihre Narrative zu bereichern und eben abzuheben, denn sonst kommt man eben beim oben genannten Extrembeispiel raus, und danach sollten sie auch bewertet werden, was ich wie im ersten Abschnitt beschreibe gerade halt sehr in der Kritik vermisse.

  • Ich wollte da eher mitteilen, dass halt die Punkte die angebracht wurden für mich sehr unzureichend sind. Robin sagte ja im Prinzip: Mechansich anspruchslos mit guten Charakteren/Geschichte. Das bringt meiner Meinung nach halt niemanden was, denn es gibt mittlerweile viele Spiele die gut geschrieben sind. Fast jedes AAA-Spiel kriegt das heut zu Tage hin. Für mich ist da halt die Information eher relevant nutzt das Spiel die Möglichkeiten des Mediums um die Geschichte zu bereichern. Beispiele gab ich ja im letzten Post. Ich würde halt noch eher ein schlecht geschriebenes Spiel spielen, was aber zum Beispiel eine sehr interaktive Narrative hat, als ein gut geschriebenes, was dies nicht hat.


    Mein Problem ist da der Kritikaspekt. Das Spiel ist mechanisch flach und erzählerisch nichts besonderes. Wenn jemand so eine Erfahrung sucht würde ich ihn zu Stanley Parabel verweisen oder Pyre wenn mechanisch anspruchsvoller sein soll. Das Spiel hat da nichts wirklich sehenswertes zu bieten. Und auch wenn all das sehr vernichtend klingt möchte ich klarstellen, dass dies dieses Spiel weder schlecht macht, noch ich jemanden den Spaß nehmen will, den er damit vielleicht hatte.Aber Spiele nach dem Spaß den man damit hatte zu bewerten ist halt auch sinnlos, denn man kann mit allen Spaß haben auch mit Ride to Hell


    Eines vorweg: Auch ich finde Spiele, die die Grenzen des Mediums austesten oder auf besonders clevere Art und Weise mit dessen Besonderheiten spielen absolut faszinierend und ich bin immer auf der Suche nach solchen Erfahrungen. The Stanley Parable (an dem ich mich im Folgenden der Einfachheit halber mal aufhänge) ist genial, wir könnten in meinen Augen sogar darüber diskutieren, ob wir es hier nicht mit einem ansonsten unerreichten Meisterwerk zu tun haben. Es ist ein absolut einzigartiges Spiel und mir würde spontan nichts einfallen, womit es sich so richtig vergleichen ließe.


    Und das ist der Punkt, den ich nicht so ganz verstehe: Woher kommt der Vergleich von Donut County und The Stanley Parable? Der fällt für mich ein bisschen vom Himmel. Wenn man sich Donut County ansieht, wäre The Stanley Parable nicht meine erste Assoziation. Ich wünschte ja auch, dass mehr Spiele so wären wie The Stanley Parable, aber das kann ich doch nicht als Maßstab nehmen. Zum einen im Allgemeinen, weil man dann sofort in die Richtung "Meh, ist halt kein Dark Souls" abdriftet. Zum anderen im Speziellen, weil bei Donut County nach meiner Wahrnehmung ganz klar die Mechanik im Vordergrund steht. (Oder wurde dieser Vergleich vom Marketing gezogen?) Ich finde es etwas unfair, ein Spiel dafür zu kritisieren, dass es etwas nicht ist, was es auch gar nicht sein wollte.


    Daher wäre auch meine Antwort auf folgende Frage "Für mich ist da halt die Information eher relevant nutzt das Spiel die Möglichkeiten des Mediums um die Geschichte zu bereichern." schlicht: Offenbar nicht besonders, aber das ist okay. Ich finde auch nicht, dass das unbedingt Bestandteil einer 'everyday review' sein muss, auch wenn es natürlich schön wäre, wenn in der Spielepresse insgesamt mehr Fokus darauf gelegt werden würde. Bei dieser Kritik an der Presse muss man aber nicht unbedingt bei Hooked ansetzen, finde ich, denn hier ist das Thema schon besser repräsentiert als in anderen Medien. Auch wenn Robin sich bei Donut County jetzt nach meiner Wahrnehmung vor allem auf die Beschreibung als 'Feeldgood'-Spiel beschränkt hat. Das ist für mich aber auch okay, weil wir hier zum Einen von reinen Meinungsbeiträgen in einem Stream und einem Podcast und keinem umfassenden, ausgewogenen Testbericht sprechen. Dafür reicht auch mal ein "Hat mir Spaß gemacht", solange nicht alle Berichte über Spiele auf diesem Level bleiben. Zum Anderen würde ich - in Analogie zur Kritik an der Spielepresse - auch bei der Kritik an Spielen, die die Möglichkeiten ihres Mediums nicht ausnutzen, nicht unbedingt bei Spielen wie Donut County ansetzen, wenn (böse gesprochen) kein AAA-Spiel der letzten zehn Jahre dieses Kriterium erfüllt hat. Wobei ich da auch nicht so strikt argumentieren würde, siehe nächster Absatz.


    Auch ich habe keine klare Definiton was ein Spiel ist. Ich habe für mich nur halt eine Negativdefinition gefunden, also was ein Spiel nicht ist/sein sollte. Ein Spiel sollte kein Film sein, also irgendein interaktives Element sollte so ausgereift sein, dass ich dieses Spiel nur als Spielform in Gänze konsumieren kann.

    Aber treiben wir die ganze Walkingsimulatordiskussion mal auf seine Spitze und reden über so ein Alptraumspiel (natürlich komplett ausgedacht, weil mir so ein Spiel noch nicht untergekommen ist): Ein Spiel, wo du einfach nur läufst und dir eine Geschichte erzählt wird. Deine einzigen Optionen lauf weiter/Geschichte geht weiter und vielleicht nimm einen Seitenweg und du erfährst noch etwas Hintergrundinfos und auch das Laufen trägt nichts zur Geschichte bei oder verbessert sie in irgendeiner Art.

    Ist das noch ein Spiel? keine Ahnung, wenn ja können wir den Spielbegriff aber gleich wegwerfen, denn dieses Spiel hat das interaktive Niveau eines Films und wenn das als Spiel reicht, dann ist der Begriff wertlos geworden.

    Und genau da liegt für mich der Knackpunkt: Wenn dein Spiel so weit runtergedampft ist, dass es quasi ein Film ist, wo ich nur die ganze Zeit w drücken muss, dann ist das vor allen ganz schön vermessen. Denn du nimmst dir raus, dass ich mir die Arbeit machen muss die Geschichte als Spiel zu konsumieren, anstatt der für den Konsumenten viel einfacheren Form des Films. (wie gesagt alles hypotetisch, weil ich noch kein solches Extrembeispiel kenne)

    Um aber etwas produktives hier raus zu ziehen: Was ich halt herrausstellen will ist, dass diese Spiele ihr Medium auf irgendeine Art nuzten sollten um ihre Narrative zu bereichern und eben abzuheben, denn sonst kommt man eben beim oben genannten Extrembeispiel raus, und danach sollten sie auch bewertet werden, was ich wie im ersten Abschnitt beschreibe gerade halt sehr in der Kritik vermisse.


    Nur weil ein Spiel die Möglichkeiten des Mediums nicht voll ausnutzt, heißt das nicht, dass es das gar nicht tut. Das von dir genannte Firewatch ist da ein schönes Beispiel. Die Thematik hätte bestimmt auch gut als Film funktioniert (eigentlich ist der auch schon gedreht und heißt 'The Revenant'), aber eben auf eine ganz andere Art und Weise. Als Spiel hat es mir aber auch ganz hervorragend gefallen, auch wenn nichts an dem Spiel für sich genommen besonders einzigartig ist, vor allem wenn man Gone Home bedenkt). Ich weiß nichtmal, ob Firewatch streng genommen irgendeine Spielmechanik aufweist (jedenfalls nicht mehr als Donut County).


    Aber alleine die Tatsache, dass ich den Protagonisten steuere, stellt für mich gleich eine ganz andere Ebene der Immersion dar, verglichen etwa mit einem Film. Für meine Identifikation mit einer Spielfigur ist es essentiell, dass ich mich frei in der Welt bewegen kann, so lange an einer bestimmten Stelle verweilen kann, wie ich es möchte, und ich in diesem Fall den Charakter von Henry durch die Auswahlmöglichkeiten im Dialog mit Delilah formen konnte. Selbst wenn das Spiel überhaupt nicht darauf reagieren würde (was Delilah tut), ist das für mich einfach nicht mit dem Konsum eines Films vergleichbar. Dieses Medium hat dafür andere Stärken, ja, aber ich liebe (narrative) Videospiele vor allem dafür, dass ich mich in ihnen so viel besser mit dem Charakter identifizieren kann - auch wenn ich ständig nur W drücke.


    Meine Position zur Einordnung dieser Art von Unterhaltungssoftware ist denkbar einfach: Ob wir das nun als Spiel bezeichnen oder nicht, ist mir ehrlich gesagt ziemlich egal. Von mir aus können wir es auch eine "Interaktive Erfahrung" nennen.


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    Zur Diskussion rund um Walking Simulatoren und Narrative Games kann ich die Folge von Auf ein Bier zu dem Thema wärmstens empfehlen: https://www.gamespodcast.de/20…ren-ft-christian-huberts/