[Huch, hier war ja schon länger nichts mehr los. Ob Tom überhaupt noch hier reinschaut? Dann setze ich die Frage zur Sicherheit auch nochmal unter das YT-Video des letzten Feedbackpodcasts ]
Hallo ihr beiden,
neulich wurde Carrion veröffentlicht, die von Devolver gepublishte "Reverse Horror-Experience", in der man ein fleischiges, tentakelndes Monster spielt und versucht, aus einer Forschungseinrichtung auszubrechen. Mir hat das Spiel insgesamt zwar ziemlich gut gefallen, der Beginn des Spiels ist IMO allerdings nicht so gut gelungen. Ich fühlte mich zu Beginn schlicht komplett überfordert: Zum einen musste ich lernen, mit der doch recht ungewohnten Steuerung des Monsters umzugehen, zum anderen löste die Struktur des Labors mit all seinen sich überkreuzenden Wegen und zu diesem Zeitpunkt noch nicht zugänglichen Räumen höchste Verwirrung bei mir aus (und erweckt hier, wie von Robin in Hooked FM #280 bemerkt, fälschlicherweise Metroidvania-Eindrücke).
(Insgesamt hatte ich am Ende deshalb so viel Spaß mit dem Spiel, weil die Spielerführung ab dem dritten bzw. vierten Abschnitt besser gelingt und ich zu diesem Zeitpunkt auch mit der Steuerung warm geworden bin. Ab diesem Zeitpunkt hat Carrion meine Powerfantasie, ein mächtiges Monster zu spielen, sehr gut bedient - angereichert durch gelungene Rätselelemente, die das Spiel auch über seine komplette Dauer für mich getragen haben.)
In der Retrospektive stört mich der misslungene Anfang des Spiels jedoch gar nicht mehr so sehr, und ich habe lange überlegt, warum. Nun ist mir eine Antwort eingefallen, aus der sich meine zwei Frage an euch ergeben werden: IMO passt dieser wirre Beginn tatsächlich ziemlich gut zu der dem Spiel innewohnenden Monsterfantasie.
In der allerersten Szene bricht das Monster aus einem Biocontainer aus, in dem es bislang in Isolation gelebt hat. Es hat also keine Kenntnisse über seine Fähigkeiten oder den Ort, an dem es sich nun befindet. Es ist der Situation höchst angemessen, dass zu Beginn des Spiels jegliche Übersicht oder Taktik untergeht im chaotischen und nicht ganz zielgerichteten Geschwabbel der Biomasse mit all den verbundenen Geräuschen wie dem Geschmatze der über den Boden schleifenden Fleischklumpen oder dem Geschwurbel der Tentakel (stets vermischt mit den Schreien der Opfer ). Es macht zu diesem Zeitpunkt halt leider nur noch nicht so viel Spaß, dies zu spielen.
Meine sich daraus ergebende Fragen:
1) Kennt ihr noch weitere Beispiele, in denen eigentlich misslungene Spielelemente bzw. Phasen in einem Spiel der durch das Spiel vermittelten Fantasie sogar zuträglich sind, obwohl sie euch spielerisch keinen Spaß bereitet bzw. sogar aktiv frustriert haben?
2) Daran anschließend: Würdet ihr bei einem dieser Beispiele interpretieren, dass dies eine bewusste Entscheidung der Entwickler war? Im Falle von Carrion würde ich dies verneinen, IMO ein Fall von "Glück im Unglück". Wenn ich aber z.B. an NieR (2010) denke: Ich würde schon sagen, dass der Blick auf Yoko Taros Gesamtwerk zumindest die Interpretation zulässt, dass gewisse Aspekte des Gamedesigns, auch die nicht gelungenen, unter anderem auch deswegen im Spiel sind, weil sie einen Kommentar auf das Genre der JPRGs darstellen sollen. Was denkt ihr darüber?