Das Spiel ist sehr Menü lastig. Stellas Inventar hat diverse Reiter zum durchswitchen, für all die unterschiedlichen Materialien und Dinge. Zusätzlich gibt es noch ein Questlog für verschiedene Aufgaben.
Einige Menüs können leider nur an bestimmten Stellen eingesehen werden. Z.B. gibt es eine Übersicht der Rezepte nur bei der Interaktion mit dem Ofen - wenn gerade nichts darin köchelt. Die Karte kann nur am Kartentisch angeschaut werden, Gebäude nur an der Blaupause, anderes in der Werft. Wieviel ein Item beim verkaufen bringt, ist primär beim Händler sichtbar.
Ein ganz großes Problem beim Thema Menü ist aber die Schriftgröße. Grundsätzlich wird die Schrift kleiner, je mehr Text in ein Feld passen muss. Das fällt schon bei den Dialogen mit den Charakteren auf, wobei es hier nie zum Problem wird. (Die Größe der Sprechblasen kann bei Bedarf auch verändert werden.) Ganz anders im Menü, wo der Text ohnehin schon einen Ticken kleiner ist und dann noch kleiner wird. Gerade bei der Anzeige benötigter Ressourcen werden längerer Wörter wie zb "Aluminiumbarren" so absurd klein, als sei ein versteckter Sehtest integriert. Da wird man doch des öfteren mal in den Bildschirm krabbeln müssen.
Das Menü-Fenster dürfte zusätzlich gern insgesamt größer sein, um einem mehr auf einmal zu zeigen.
Eine große Rolle spielt natürlich die Geschichte, mit dem hoch emotionalem Thema der Sterblichkeit. Das im übrigen gar nicht so düster ist, wie man vielleicht denken würde. Alles bleibt eingehüllt in einer fast lebensbejahenden Grundstimmung.
Im Verlauf der Reise trifft man ganz unterschiedliche Charaktere, mit ganz unterschiedlichen Geschichten und Toden, womit eine durchaus große Anzahl an Facetten abgedeckt wird. Ab und an werden auch typische "Sterbebettthemen" aufgegriffen. Gibt es etwas, das bereut wird? Was bleibt von mir? Und vieles mehr. Eine Questline hat mich auch dadurch stark beeindruckt, sehr gut die Auswirkungen des Alterns ins Gameplay einzubinden.
Jede Figur erzählt einem immer nur Fragmente ihres Lebens, oft Zusammenhangslos und mit Abständen. Da fand ich es nicht immer leicht, mir alles zu jedem korrekt zu merken und vollständig zu verstehen. Rasch entsteht auch mal ein Missverständnis. Etliche Aspekte zum Hintergrund der Figuren werden erst im digitalen Artbook erwähnt, das man separat kaufen kann (oder sich die Einträge im Spiritfarer Wiki durchliest...), was ich tatsächlich sehr schade finde. Diverse Zusatzinformationen haben mir nicht nur geholfen, die Geschichten besser zu verstehen, sondern mit dem so gewonnenen Kontext fand ich einige Aspekte im Spiel nochmal nachvollziehbarer und stärker in ihrer Wirkung, als zuvor. Entsprechend schade ist es da, dass mir dies beim spielen an sich gefehlt hat.
Stella selbst ist Dreh- und Angelpunkt, und ihre eigene Lebensgeschichte wird ebenfalls hier und da eingewoben.
Obwohl der Tod so viele Ansatzpunkte bietet, kann man kritisieren, dass sich so manche Figur etwas doppelt und zu nah an einer vorherigen dran ist. Manche wirken auch deutlich weniger ausgearbeitet, bleiben etwas blass und gehen rascher von Bord als andere. Bei den Todesarten wäre ebenfalls mehr Spielraum gewesen. Generell kann man den nur in seltenen Fällen näher definieren, auf Grund der teils vagen Stories.
Grundsätzlich sind alle Dialoge aber hervorragend geschrieben, wirken durchaus natürlich und geerdet und bringen ihre Themen gut rüber. Und nie wirkte es, als würde zu sehr auf die Tränendrüse gedrückt werden. Alle Momente sind ehrlich emotional und angenehm bodenständig und menschlich.
Generell ist Spiritfarer ein exzellent geschriebenes Spiel. Allen voran der Humor hat mich hier total begeistert und genau meinen Nerv getroffen. Trotz der schwere der Themen wartet ein ehrlich witziges Spiel auf einen, das mich mehrfach zum lachen gebracht hat. Teilweise kann auch richtig schön schräger Blödsinn passieren. Allein schon für all die Witze habe ich es geliebt, mit jedem NPC zu quatschen und selbst die nutzloseste Sidequest mitzunehmen.
Hier muss ich auch ein besonderes Lob an die Übersetzung aussprechen. Es gibt zB einen Charakter, der für seine schlechten Wortspiel-Witze bekannt ist, und jeder weiß, wie schwer gerade so etwas zu übersetzen ist. Aber ich hatte selten das Gefühl, dass irgendwo irgendwas verloren geht.
Wer nicht allein auf Weltreise gehen mag, kann dies auch zu zweit tun. Spiritfarer ist komplett im lokalen Koop spielbar, wobei der zweite Spieler die Steuerung von Kater Daffodil übernimmt. Der kann so ziemlich alles tun, was Stella auch kann. Und das beste daran: Er hat für alles seine eigene, liebevoll gestaltete Animation! Wo Stella einfach die Gießkanne zückt, wirft Daffodil sich zB auf den Rücken, um mit allen vier Pfoten die Kanne zu stemmen. Hier zeigt sich erneut die unglaubliche Liebe zum Detail und die unglaubliche Arbeit, die in die Animationen gesteckt wurde.
Gerade zu Beginn mag es sehr hilfreich sein, diverse Dinge auf dem Schiff parallel machen zu können. Und auch bei diversen Mini-Spielen ist Daffodil eine gute Unterstützung. Auf lange Sicht macht man von all diesen Dingen aber eher weniger, wodurch es eventuell für einen der beiden Spieler zwischendurch zu Flauten kommen könnte.
Statt Splitscreen zoomt die Kamera raus, wenn die Figuren sich voneinander entfernen, was alles entsprechend klein werden lässt und dann durchaus ein Problem darstellen kann. Zu weit sollte man sich nicht voneinander entfernen, um auch nicht ganz aus dem Bildschirm zu verschwinden.
Beim Release war Spiritfarer technisch leider in keinem guten Zustand. Die Entwickler haben seit dem aber konstant Patches rausgehauen und zuletzt noch 3 DLCs nachgeschoben, die neben zusätzlichem Content auch weitere Bugfixes und QoL Improvements mit sich brachten. Große Probleme sind mir in meiner Spielzeit nie untergekommen, maximal kleine Unsauberkeiten. (Mittlerweile ist im übrigen noch wieder ein Patch erschienen. Sie bleiben also auch jetzt noch an Verbesserungen dran.)
Ein Streitthema sind aber weiterhin Gamepads. Hier gibt es eine lange Historie von größeren und kleineren Problemen, vor allem für Nutzer von No-Name Produkten. Mein Logitech Pad wurde auf den ersten Blick perfekt erkannt. Jeder Knopf macht, was er soll, nur die Button Prompts sind völlig falsch. Das kann leicht behoben werden, denn im Menü zur Neubelegung der Tasten kann man von automatischer Erkennung auf die Buttonanzeige seiner Lieblingsmarke wechseln: XBox, PS oder Switch. Dann passt es.
Abgesehen von der Zoom-Funktion, die es bei der Karte oder auch dem Bauen des Schiffs gibt und eigentlich per LT/RT läuft. Das hat bei mir nicht korrekt funktioniert, und bei Bedarf habe ich dann schlicht zur Maus gegriffen, wenn ich denn mal zoomen wollte. Später gibt es Fähigkeiten, die auf LT/RT liegen, wo es widerum keine Probleme mit der Erkennung gab. (Alle Tasten können im übrigen frei belegt werden - außer der Zoom.)
Man hat drei unterschiedliche Speicherslots zur Verfügung und kann jeder Zeit in den Koop springen. (Dafür muss man den Spielstand nur neu laden.)
Am Ende warnt einen das Spiel explizit vor dem Point of no Return, der letzte Speicherpunkt liegt aber direkt davor, so dass man auch nach den Credits seinen Spielstand noch weiterführen kann.
Ich habe locker Minimum 45 Stunden in Spiritfarer investiert, dabei allerdings wirklich alles gemacht, was es zu bieten hat. Selbst als der Spielstand schon 100% zeigte, habe ich noch Nebenquests beendet, die nicht mitgezählt werden. Zum Schluss war das allerdings etwas träge, denn als letztes habe ich Schatzkarten abgearbeitet, bei denen es eine halbe Echtzeitstunde dauert, bis man im Spiel die nächste bekommt. So haben meine letzten Spielstunden viel aus reinem Warten bestanden.
Grundsätzlich kann man bei einem 100% Run schon mit bis zu 40 Stunden rechnen, und auch ein "normaler" Durchlauf umfasst immer noch 20-25 Stunden. Der grundlegende Gameplay-Loop ändert sich dabei natürlich nie groß. Zwar hätte man aus manchen Dingen mehr rausholen können, bis zuletzt werden aber immer wieder neue Figuren und Kleinigkeiten eingeführt, so dass mir nie die Lust verging.
Trotz des leichten Aufs und Abs im Pacing hat der Gameplay-Loop und die Erkundung sehr gut für mich funktioniert, und auch wenn nicht jeder Charakter so einen großen Eindruck hinterließ, wie der davor, habe ich mehrfach mit den Tränen gekämpft und nicht immer gewonnen. Für mich ein ganz besonderes Spiel, das einen noch über den Playthrough hinaus beschäftigen kann.